Natürlicher Umgang:Zauber der ersten Nacht zu dritt

Babyfreundliches Krankhaus Schwabing

Elena und Markus Eders Tochter Julia ist im Klinikum Schwabing zur Welt gekommen - dem ersten babyfreundlichen Krankenhaus Münchens.

(Foto: Florian Peljak)

Das Schwabinger Krankenhaus ist nun als babyfreundlich zertifiziert. Im Familienzimmer fühlen sich Eltern wohl

Von Stephan Handel

Julia tut natürlich so, als würde sie das alles nicht interessieren. Liegt nur da, schaut mal kurz grantig in die Welt hinaus, dann macht sie die Augen wieder zu - ob ihre Mutter grade nach ihr schaut, der Vater herauszufinden sucht, wer denn da neu in seine Familie gekommen ist, ob ein Besuch Julia süüüß findet oder ein Arzt sie gesund und munter. Julia ist gerade erst zwei Tage alt; am Sonntag ist sie geboren worden, und momentan hat sie genau drei Interessen: essen, schlafen, Windel füllen.

Julias Mutter Elena Eder schiebt ihr Baby in einem Wägelchen durch die fröhlich angemalten Flure der Geburtsstation des Schwabinger Klinikums. Sie sagt, dieses Krankenhaus habe sie sich in erster Linie ausgesucht, weil sie in der Nähe wohnen. Aber je mehr sie sich dann informierte, desto mehr Vorteile habe sie noch gesehen. Von der Urkunde im Büro des Chefarztes Olaf Neumann wusste sie da nicht: Schwabing ist das einzige zertifizierte babyfreundliche Krankenhaus in München.

"Das bedeutet natürlich nicht", sagt Neumann, "dass die anderen unfreundlich zu Babys sind." Aber seine Klinik hat sich der Zertifizierungsprozedur von Welt-Gesundheitsorganisation und Unicef unterworfen. Das Programm entstand in den 1980er Jahren - in erster Linie, um Frauen von den Vorteilen des Stillens zu überzeugen, das damals aus der Mode gekommen war. Mittlerweile hängt sehr viel mehr dran.

Stillen ist dabei nur ein Aspekt - wenn auch ein wichtiger: Der Hautkontakt fördert die Bindung zwischen Mutter und Kind, die Mutter lernt zudem ihr Baby kennen. Dazu gehören auch nicht so angenehme Seiten: Das Kind zum Schlafen nachts abzugeben, ist nicht vorgesehen, außer bei medizinischen Gründen. Dafür erhält der Vater die Möglichkeit, von Anfang an dabei zu sein bei der Versorgung des Neugeborenen. Er kann mit der Mutter für die Dauer ihres Klinik-Aufenthalts in ein "Familienzimmer" ziehen und so in seine neuen Aufgaben hineinwachsen. "Die erste Nacht zu dritt", sagt Olaf Neumann, "das ist doch der Zauber, der uns alle beherrscht."

"Wir sind in manchen Bereichen fast schon wie ein Hotel", sagt der Chefarzt - dass die Mahlzeiten nicht im Bett eingenommen werden, sondern in einem Speiseraum am Tisch. Daneben gibt es natürlich Beratung und Anleitung - alle Mitarbeiter, Ärzte, Schwestern, Hebammen sind geschult. Aus der Erfahrung von 2300 Geburten pro Jahr sagt Neumann dann noch: "Wir haben den natürlichen Umgang mit dem Kind verloren." Elena Eder mit ihrer Julia jedenfalls fühlt sich jetzt, nur drei Tage nach der Geburt, ausreichend fit, um das Krankenhaus zu verlassen. "Das ist es, was wir anstreben", sagt Neumann: "Dass die Eltern gerüstet nach Hause gehen."

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