"Napcab" am Münchner Flughafen:Schlafen in der Schachtel

Eine etwa dreieinhalb Quadratmeter große Schlafkabine mit Bett, Tisch, Spiegel und Bildschirm, anzumieten per Kreditkarte im Viertelstundentakt: Das "Napcab" nimmt müde Reisende am Flughafen auf.

Dominik Hutter

Keine angenehme Sache, damals in Kuala Lumpur. Als es Michael Krause nach dem Abitur gen Australien trieb, musste er während einer Zwischenlandung in Malaysia sechs Stunden am Flughafen absitzen. Was tun? Schlafen auf irgendeiner Bank inmitten wartender und wuselnder Passagiere? Oder doch lieber achtgeben, dass nicht plötzlich das Handgepäck Beine bekommt? Krause kam zu der Überzeugung, dass in Kreisen der Jetlag-Geplagten ein wenig Privatsphäre nicht schaden könnte: Ruhe, Geborgenheit, dazu ein sicherer Platz fürs Schläfchen. Eine Idee war geboren.

"Napcab" am Münchner Flughafen

Für das Nickerchen zwischendurch: "Napcab" am Münchner Flughafen

(Foto: Foto: Heddergott)

Inzwischen ist Krauses Geistesblitz in zweifacher Ausführung vor dem Flugsteig H32 des Münchner Airports zu besichtigen: eine etwa dreieinhalb Quadratmeter große Schlafkabine mit Bett, Tisch, Spiegel und Bildschirm, anzumieten per Kreditkarte im Viertelstundentakt.

"Napcab" haben Krause und seine vier Mitstreiter von der Technischen Universität München ihre Eigenentwicklung getauft - also "Nickerchenkabine", wie der sichtlich angetane Flughafenchef Michael Kerkloh bei der Eröffnung am Montagabend für Sprachunkundige übersetzte. Wobei natürlich niemand zum Schlafen gezwungen ist: Das eigene Zimmer am Flughafen kann ebensogut zum Fernsehen, Musik hören (beides auf Abruf) oder auch zum Arbeiten (Internetzugang) benutzt werden.

Das Licht in dem fensterlosen, schallisolierten und abgesperrten Raum kann dabei je nach Gefühlslage in Richtung Rot- oder Blaustich eingestellt werden. Gezahlt wird per Kreditkarte am "Rezeptions"-Bildschirm, nach dem Auschecken alarmiert das Gerät automatisch den flughafeneigenen Putztrupp. Ansonsten ist kein Personal vorgesehen. Wie alles funktioniert, muss der Tafel "How to use a napcab" entnommen werden.

Zielgruppe der beiden "Napcabs" sind vor allem Geschäftsleute im Interkontinentalverkehr, berichtet Mitentwickler Peter Rück. Die Kabinen stehen daher im Nicht-Schengen-Bereich des Terminals2 - also dort, wo besonders viele Langstreckenmaschinen abgefertigt werden. 15 Euro für die erste Viertelstunde verlangen die Studenten, die eigens eine kommerzielle Firma gegründet haben, von ihren Gästen. Jede weitere kostet noch einmal vier Euro. Wer ein Zimmer gleich für die ganze Nacht benötigt, ist mit 60 Euro dabei.

Dieses Angebot richtet sich vor allem an Umsteiger, die über Nacht in München stranden, mangels Visum aber den Sicherheitsbereich nicht verlassen dürfen. Ein Reservierungssystem für die kleinen Ruheboxen ist noch in Planung.

"Napcabs" ist eine rein studentische Entwicklung, das fünfköpfige Team hat vom Design über die Computersteuerung bis zum Bau von Prototypen alles selbst erledigt. Seit Krause, Rück sowie ihre Kommilitonen Camilla Malcher, Javier Carvajal und Ralph Ziegler 2007 mit ihrem Businessplan den Innovationswettbewerb der "UnternehmerTUM", des Zentrums für Innovation und Gründung an der TU München, gewonnen haben, steht ihnen diese Institution beratend zur Seite. An Hürden herrschte dabei kein Mangel - allein an den Sicherheitsanforderungen eines Flughafens hatten die Studenten gehörig zu knabbern.

Den allerersten Prototypen der Schlafkabine haben Krause und Konsorten in einer Werkstatt der TU zusammengezimmert - zu nachtschlafender Zeit und mit Material aus dem Baumarkt. Bernward Jopen, der Mentor von "UnternehmerTUM", erinnert sich mit Grausen an ein "klappriges Modell, das aussah wie ein Hühnerstall". Der einstige Robinsonstil musste längst einer gediegenen Businessatmosphäre weichen. Zielgruppengerecht - man ist ja jetzt Unternehmer.

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