Nahverkehr:Tram-Gipfel soll Klarheit schaffen

Nahverkehr: Bislang wird die Fürstenrieder Straße nur von einer Straßenbahn überquert. Künftig könnte eine Tramroute auch durch die Straße führen.

Bislang wird die Fürstenrieder Straße nur von einer Straßenbahn überquert. Künftig könnte eine Tramroute auch durch die Straße führen.

  • Die CSU sperrt sich weiterhin gegen die Trambahn-Westtangente. Immer wieder zweifelt die Partei die Zahlen der Verkehrsplaner an.
  • Es geht vor allem um die Frage, ob die Trambahn-Westtangente den Verkehr entlastet oder alles noch viel schlimmer macht.
  • Ein Spitzentreffen im Rathaus soll Klarheit schaffen.

Von Heiner Effern und Marco Völklein

Mehr als eineinhalb Jahre ist es nun her, dass CSU und SPD in ihrem Regierungsvertrag den "Konsens-Passus" zur Westtangente hineingeschrieben haben. Das umstrittene Trambahnprojekt durch die Fürstenrieder Straße werde, so hieß es damals, "mit dem Ziel weitergeplant, die verkehrliche Leistungsfähigkeit für den Autoverkehr möglichst unangetastet zu lassen".

Genau das, sagt Gunnar Heipp, Chefplaner der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), habe man getan. Einen kritischen Knotenpunkt nach dem anderen seien die Planer durchgegangen - und sie hätten "für jeden eine Lösung gefunden", sagt Heipp. "Seit eineinhalb Jahren beschäftigen wir uns fast ausschließlich mit den Belangen des Autoverkehrs."

Dennoch ist die CSU im Rathaus noch immer nicht zufrieden. Sie fordert immer wieder neue Zahlen, weil sie bei den Wählern im Wort steht, dass die Fürstenrieder Straße mit Tram für Autofahrer mindestens genauso flüssig zu fahren ist wie bisher. Nun ist die MVG offensichtlich an ihre Schmerzgrenze gegangen: Sie lieferte für die Hauptverkehrsader zusätzlich zu Verkehrsprognosen die tatsächliche maximale Leistungsfähigkeit der sechsspurigen Straße.

Unter Experten, darauf weist die MVG intern hin, gelte das als absolut unüblich und untauglich für seriöse Planung. Doch für die CSU ist seither klar: An zu vielen Stellen könnte der Autoverkehr an den Stoßzeiten erheblich beeinträchtigt werden. Auf zehn von 16 Abschnitten seien "verheerende Folgen" zu fürchten, sagt Vize-Fraktionschef Michael Kuffer. Unter diesen Voraussetzungen könne die CSU der Tram derzeit nicht zustimmen.

Teilweise sollen nun auch U-Bahn-Abgänge versetzt werden

Nach Ostern soll es nun eine Art Tram-Gipfel geben, an dem die Bürgermeister, die Fraktions- und die Parteispitzen teilnehmen. Bis dahin sollten sich die Gemüter beruhigt haben, die Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), gewollt oder nicht, am Freitag in Wallung gebracht hatte. Er hatte beim Spatenstich zur Verlängerung der Tram 25 erklärt, die Westtangente kurzfristig beschließen zu wollen. Gerne mit der CSU, zur Not aber auch mit einer anderen Mehrheit.

In der montäglichen Mittagsrunde, in der die Spitzen von CSU und SPD im Rathaus die Woche vorbesprechen, soll die Stimmung deshalb sehr gereizt gewesen sein. Die CSU fühlt sich unter Druck gesetzt, der OB wiederum zu Unrecht von der CSU angegriffen. München-Chef Ludwig Spaenle hatte Reiter nach dessen Vorstoß "Gutsherren-Art" vorgeworfen.

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Nahverkehr: So stellen sich die Planer der MVG die Tram durch die Fürstenrieder Straße vor.

So stellen sich die Planer der MVG die Tram durch die Fürstenrieder Straße vor.

Während die CSU noch rätselt, ob Reiter damit eine Taktik verfolgt, verweist die MVG darauf, dass sie alles getan habe, um den Forderungen aus dem CSU-SPD-Vertrag nachzukommen. An den meisten Knotenpunkten sei die Situation für den Autoverkehr "mindestens so gut wie heute oder nur leicht schlechter", sagt Planer Heipp. An der Kreuzung mit der Drygalski-Allee sei zum Beispiel zunächst gar keine Linksabbiegemöglichkeit vorgesehen gewesen für die Autofahrer, die von der A 95 kommen und in die Höglwörther Straße einbiegen wollen.

Mittlerweile lägen dafür zwei Vorschläge auf dem Tisch. Ebenso hätten seine Leute zusammen mit den Planern der Stadtverwaltung auf Höhe des U-Bahnhofs Holzapfelkreuth und am Laimer Platz die Kreuzungen so umgeplant, dass mehr Platz für den Autoverkehr bleibt. Teilweise sollen nun auch U-Bahn-Abgänge versetzt werden. "Das bedeutet mitunter längere Umsteigewege und höhere Kosten."

Heipp fordert eine Grundsatzentscheidung

Wichtig sei, sagt MVG-Planer Heipp, dass nun eine Grundsatzentscheidung getroffen werde: Soll die Westtangente kommen? Oder nicht? Damit die Planer die weiteren Schritte angehen könnten. "Bis die Strecke gebaut ist, werden ohnehin noch Jahre vergehen", ergänzt MVG-Chef Herbert König. "Jahre mit weiterem Stadt- und Verkehrswachstum."

Um das zu bewältigen, benötige man die Straßenbahn. Denn auch ohne die Tram werde der Verkehr in der Fürstenrieder Straße in den nächsten Jahren massiv wachsen, sagt König: "Nur mit einer schnellen, attraktiven Tram und ihrem höheren Verkehrsanteil wird auch der Autoverkehr in der Fürstenrieder Straße deutlich besser fließen als ohne" - eben weil Autofahrer auf die Straßenbahn umstiegen oder wegen des besseren Angebots bei Bussen und Bahnen sich erst gar nicht hinters Steuer setzten.

"Das müsste eigentlich auch für diejenigen ein entscheidender Vorteil sein, denen es erklärtermaßen seit Monaten nur um die Flüssigkeit des Autoverkehrs geht."

"Ausgesprochenen Trambahnphobie"

Ganz ähnlich sieht es Michael Haberland vom Automobilklub "Mobil in Deutschland". Über kurz oder lang werde die Tramtangente durch die Fürstenrieder Straße kommen, glaubt er: "Dann wäre es aber auch gut, wenn zugleich eine Ersatzinfrastruktur für den Autoverkehr geschaffen werden würde" - damit meint Haberland den Autobahn-Südring, also die Verbindung zwischen Lindauer und Garmischer Autobahn und der A 995.

Mit der könnte "man den gesamten Münchner Westen und die Fürstenrieder Straße entlasten", sagt Haberland. "Und dann könnte die Stadt dort auch ganz wunderbar eine neue Trambahnstrecke reinbauen."

Die "Aktion Münchner Fahrgäste" forderte am Montag erneut den Bau und warf Teilen der CSU vor, "unter einer ausgesprochenen Trambahnphobie" zu leiden, "die sachlich überhaupt nicht begründet ist". Der ADAC wiederum lehnt die Tram durch die Fürstenrieder Straße ab.

Alexander Kreipl, verkehrspolitischer Sprecher des ADAC Südbayern, fordert stattdessen, mehr Busse fahren zu lassen, vielleicht sogar den Einsatz großer Busse mit Anhänger, die die MVG seit einigen Jahren schon auf einigen anderen Linien rollen lässt. Diese könnten dann im Pkw-Verkehr mitschwimmen. Das aber lehnen die Planer der MVG wie auch der Stadtverwaltung ab: Ein solcher Fahrzeugeinsatz sei "rein hypothetisch, da die bestehende Infrastruktur eine Verdichtung des Takts nicht zulässt".

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