Nahverkehr:"Man weiß, dass man da unten kaum noch surfen kann"

Nahverkehr: Schnelle Bahn, langsames Netz: Das soll nun besser werden.

Schnelle Bahn, langsames Netz: Das soll nun besser werden.

(Foto: Robert Haas)
  • Viele Pendler sind genervt: Sobald die S-Bahn in den Stammstrecken-Tunnel einfährt, ist das Netz weg. Auch in einzelnen U-Bahn-Abschnitten gibt es keine Verbindung.
  • Von Freitag an soll sich das bessern. Zunächst wird es in allen U-Bahnen LTE-Tempo geben, die S-Bahn folgt in Kürze.

Von Isabel Meixner

Die Aussichten, eine Karte für die Opernfestspiele in der Staatsoper zu ergattern, standen gut für eine Münchnerin: Platz 20 in der Online-Warteschlange. Doch dann kam die Einfahrt in den S-Bahn-Tunnel. Und mit ihr das Funkloch. Die Internetverbindung riss ab - weg war die Karte. Der öffentliche Nahverkehr in München ist nicht nur wegen seiner Störanfälligkeit ein Quell wiederkehrenden Ärgernisses für Fahrgäste. Handynutzer ärgern sich besonders über ein instabiles Netz und langsames Internet, vor allem im Bereich Rosenheimer Platz/Isartor und Marienplatz/Hauptbahnhof. Auch in einzelnen U-Bahn-Abschnitten gibt es keine Verbindung.

Doch es ist Besserung in Sicht: Bis Freitag wird im gesamten U-Bahn-Netz auf LTE umgestellt. München sei damit "die erste deutsche Großstadt, in der eine Vollversorgung mit LTE gegeben ist", teilt Vodafone mit. Und auch entlang der Stammstrecke soll es in naher Zukunft Internet in 4-G-Geschwindigkeit geben. Vodafone und Telekom wollen bis 2018 umrüsten, eine erste Begehung ist laut Telekom wohl bereits für die nächste Woche geplant.

Das Unternehmen Telefónica, zu dem O2- und frühere E-Plus-Kunden gehören, will laut einem Sprecher ebenfalls "in Kürze" mit dem Umbau beginnen. Es betreibt im S-Bahn-Tunnel ein eigenes Handynetz, anders als in der U-Bahn: Hier haben sich alle drei Telekommunikationsfirmen zusammengetan und das Netz gemeinsam ausgebaut. In Berlin etwa bietet bisher nur ein Netzbetreiber LTE-Empfang im öffentlichen Nahverkehr an. Wie hoch die Kosten für die Umrüstung sind und wie sie aufgeteilt werden, darüber schweigen die Unternehmen.

Besonders im Berufsverkehr stoßen die bisherigen GSM- und UMTS-Kapazitäten im MVV an ihre Grenzen. Je mehr Nutzer im Internet surfen, desto langsamer wird die Verbindung. Viele Pendler, die auf dem Weg zur Arbeit gerne noch ihre E-Mails beantwortet hätten, haben es sich deshalb angewöhnt, ihre Nachrichten offline vorzubereiten und erst zu verschicken, wenn ihre S-Bahn den Stammstrecken-Tunnel wieder verlassen hat, oder wichtige Informationen im Vorhinein zu recherchieren.

"Ist halt nervig, man kann nicht mal Zugverbindungen auf dem Weg zum Hauptbahnhof raussuchen", findet ein Fahrgast, und ein anderer twittert: "Das Handyticket wär' ne tolle Sache. Ist aber witzlos ohne anständiges Netz im Tunnel." Ein weiterer stellt ernüchtert fest: "Man weiß mittlerweile, dass man da unten kaum noch surfen kann."

Handybesitzer tauschen online bereits Tipps aus: Der eine rät, vor der Einfahrt in die Stammstrecke den Flugmodus ein- und erst im Tunnel wieder auszuschalten, der nächste vermeidet es, Apps mit großen Datenmengen zu öffnen. Manch einer wundert sich, dass das Handy in U-Bahn-Stationen ab und an das Netz verliert und dann wieder nicht: "Manchmal reicht es schon, wenn ich mich am Giesinger Bahnhof ein paar Meter nach links oder rechts stelle."

Vor allem von Kunden von Telefónica sind derartige Klagen zu hören. Das Problem entlang der Stammstrecke ist dem Anbieter seit Monaten bekannt, wie er auf Anfrage bestätigt. Man arbeite im Gegensatz zu Vodafone und Telekom in einem höheren Frequenzbereich, teilt Sprecher Jörg Borm mit. Das habe zur Folge, dass die Funksignale, die von einer Antenne gesendet werden, weniger von der Tunnelwand reflektiert werden, die Verbindung also schlechter wird oder sogar abreißt.

Neben dem LTE-Ausbau, der in den nächsten Monaten starten soll, will Telefónica deshalb im S-Bahn-Netz in eine niedrigere Frequenz wechseln, stößt hier aber auf Widerstand bei der Deutschen Bahn. Die nämlich fürchtet, dass damit ihr eigenes Funknetz gestört würde. Bei Vodafone und Telekom sind Beschwerden von Kunden nach eigenen Angaben nicht eingegangen. Dass es aber während der Rushhour zu Engpässen im UMTS-Netz komme, sei bekannt, heißt es von Vodafone.

Die Telekom verweist auf Mobilfunktests von Fachmagazinen aus den vergangenen Jahren, die gezeigt hätten, dass ihr Unternehmen "die beste Netzqualität" biete. Auf ihrer Seite allerdings finden sich auch Klagen von Smartphone-Besitzern, die sich darüber beschweren, dass das Internet nicht funktioniere.

Nun aber soll von Freitag an zunächst im Münchner U-Bahn-Netz LTE funktionieren. Und das in allen Handynetzen.

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