Nahverkehr:Der Weiterbau verzögert sich um einige Jahre

Die S-7-Verlängerung wäre der erste Ausbau des S-Bahn-Netzes seit 1998 - wenn sie denn kommt

Von Matthias Köpf

442 Kilometer lang ist derzeit das Streckennetz der Münchner S-Bahn, und wenn es nach den Kommunalpolitikern im Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen geht, dann sollen es bald 9,2 Kilometer mehr werden. Die geplante Trasse von der jetzigen Endstation der S 7 in Wolfratshausen bis in die 23 000-Einwohner-Stadt Geretsried wäre die erste echte Verlängerung seit dem Ausbau der S 1 zum Flughafen 1998. Doch bis die neun Kilometer Gleis über die grüne Wiese gelegt sind, wird es noch mindestens zehn Jahre dauern. Seit den ersten Ausbauvorschlägen wird dann mehr als ein halbes Jahrhundert vergangen sein.

Gesprochen wird über das Projekt beinahe schon, seit das S-Bahn-Netz 1972 in Betrieb ging. Damals nahmen die Planer noch an, dass sich das nach dem Krieg gegründete Geretsried binnen Kurzem zu einer Trabantenstadt mit 50 000 Einwohnern entwickeln würde. In einer ersten Machbarkeitsstudie war davon 1992 längst keine Rede mehr. Die zwei folgenden Jahrzehnte vergingen mit Raumordnungsverfahren, Kosten-Nutzen-Berechnungen, Planfeststellungsverfahren und viel politischem Streit. Denn nach mehrmaligem Nachrechnen ergab die bisher letzte Kosten-Nutzen-Analyse 2009 doch noch bei der zweiten Nachkommastelle, dass das vom Wolfratshauser Ehrenbürger und Geretsrieder CSU-Mitglied Edmund Stoiber dezent angeschobene Projekt mit Zuschüssen von Bund und Land gebaut werden darf.

Aber nicht alle Wolfratshauser wollten die S 7 bis in die aufstrebende Nachbarstadt fahren sehen - schon gar nicht über den geplanten Bahnübergang an einer viel befahrenen Staatsstraße. Davon erwarteten sie sich den völligen Zusammenbruch des Verkehrs in ihrer Stadt. Sie trugen ihren Politikern per Bürgerentscheid auf, alles gegen die Planung zu unternehmen. Doch die Millionen für den geforderten Gleistunnel hätten die Planer in ihrer Kosten-Nutzen-Rechnung gar nicht mehr untergebracht. Erst als Horst Seehofer 2013 in Wolfratshausen ein Wahlversprechen abgegeben hatte und nachdem seine Getreuen Alexander Dobrindt und Joachim Herrmann Seehofers Intimfeind Peter Ramsauer sowie den zögerlichen Martin Zeil (FDP) als Verkehrsminister in Bund und Land abgelöst hatten, fanden sich Geld und Gesetze für einen Wolfratshauser Tunnel. 27 Millionen Euro Mehrkosten tragen nun zu je einem Drittel Bund, Bayern und die Bahn, 17 Millionen nötigte Herrmann dem Kreis und den Städten ab. Dass diese nach Preisen von 2009 geschätzten Summen sehr viel höher ausfallen werden und dass auch die Gesamtkosten auf bis zu 250 Millionen Euro steigen dürften, haben die Stadt- und Kreisräte einkalkuliert, als sie die Ausgaben vor Kurzem genehmigt haben.

Damit kann die S 7 nun verlängert werden, doch das seit 2011 laufende Genehmigungsverfahren für den Tunnel wird bis mindestens 2018 dauern. Frühestens 2020 könnte der auf fünf Jahre geschätzte Bau beginnen. Möglich würde dadurch irgendwann sogar ein Zehn-Minuten-Takt für die S 7 - aber nur mit einer zweiten Stammstrecke in München. Erste Vorschläge dazu soll es ebenfalls bereits 1973 gegeben haben.

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