Nahost-Konflikt in München:Israel-Kritik ist nicht Antisemitismus

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Umstrittene Haltung der Stadt

"Kein städtischer Raum für Agitation" (23. September) und "Guter Zweck, großer Zwist" (30. September):

Bevormundung

Die Vorgänge um die Absage von Räumen für den Vortrag von Abi Melzer machen mich als Münchnerin ärgerlich: Abi Melzer ist sicher ein Kritiker der israelischen Regierung, aber ist er deshalb - er ist ja selbst Jude - schon Antisemit? Der Vortrag wäre für mich vor allem deshalb interessant gewesen, weil Abi Melzer gewiss nicht selten mit dem Antisemitismus-Vorwurf konfrontiert wird. Weshalb traut man es erwachsenen Mitbürgerinnen und Mitbürgern nicht zu, sich aufgrund seiner Ausführungen selbst ein Urteil zu bilden? Rosemarie Wechsler, München

Zensur in München?

Ein israelkritischer Vortrag im Eine-Welt-Haus wird vom Kulturreferat der Stadt München untersagt, weil man findet, die Vorankündigung enthalte "Formulierungen, die "in Richtung einer Delegitimierung Israels gehen", sie lege nahe, "dass die Grenze zwischen Israelkritik und Antisemitismus überschritten wird". An welchen Formulierungen man sich stößt, sagte man nicht. Auch nicht, auf welcher Rechtsgrundlage solches geschehen kann. Wo bleiben da Meinungsfreiheit und Pressefreiheit?

Nachdem der Vortrag verlegt worden war, drängte das Sozialreferat auch das russische Kulturzentrum und den katholischen Sozialverband, ihre "Raumzusage" zurück zu nehmen. Es ist nicht die erste solche Aktion in München: Schon der Jüdisch-palästinensischen Dialoggruppe hatte man wegen eines Vortrags zur israelischen Siedlungspolitik Schwierigkeiten gemacht, und den Veranstaltern der Palästina-Tage wurden ähnliche Verbote erteilt. Warum all das?

Darf man in diesem unseren Lande die verheerende israelische Politik nicht einmal mehr hinterfragen, nur weil wir Deutschen eine fatale gemeinsame Geschichte mit den Juden haben? Mehr als eine halbe Million illegale Siedlungen im Gebiet der Palästinenser, die jahrzehntelange grausame Besatzung des Westjordanlands, die brutale Vernichtung des Gaza-Steifens? Kritik an Israels menschenverachtender Politik und Antisemitismus haben nichts miteinander zu tun. Dr. Ursula Stahlbusch, Prien

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© SZ vom 04.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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