Nächtliche Premiere:Die Macht ist erwacht

Filmstart um Mitternacht: "Star Wars" versetzt die Kinos in den Ausnahmezustand. Aber erfüllt der Streifen die Erwartungen? Da sind hartgesottene Fans uneins

Von Laura Kaufmann

Es deutet nichts darauf hin, dass dies eine besondere Nacht werden könnte im Mathäser Filmpalast. Bis Darth Vader vor dem Glasbau erscheint. Majestätisch schreitet er durch die Tür, alle Blicke auf ihn, ein Luftzug spielt mit seinem Umhang. Dann schluckt der Glasbau die dunkle Seite der Macht.

Darth Vader ist schwer zu verstehen durch seinen Helm, die Maske verzerrt seine Worte. Der Diener des Imperators ist Bankangestellter und muss als solcher morgen früh den Kunden dienen, in einem anderen Aufzug. Er heißt eigentlich Florian Krininger, so viel ist auch noch zu verstehen, und das frühe Aufstehen hält ihn nicht davon ab, "Star Wars - Das Erwachen der Macht" in den Kinos starten zu sehen. Und der Start ist nun mal von Mitternacht an. "Star Wars, das ist nicht nur ein Film, das ist Kult" sagt Darth Krininger. Das Kinozentrum am Stachus zelebriert diesen Kult mit einem 24-Stunden-Sonderaufgebot, der Film läuft in allen Kinos, die ganze Nacht und weiter.

Wer sich freinehmen konnte, hat sich freigenommen, wie die beiden Leias mit den Schneckenkringeln hinter den Ohren. Sie haben dieses Jahr ihr Abitur gemacht, überhaupt sind sehr viele Leute im Foyer jung. Sie sind zu jung, um den ersten Teil der Trilogie im Kino gesehen zu haben, sogar den zweiten, aber "das sind Klassiker", weiß eine Leia zu berichten. Korbinian Lutz, ein 24-jähriger Jedi, sagt: "Die Filme unserer Kindheit. Also die ersten, die einen nicht mehr loslassen." Und wenn es nicht die Filme waren, dann Actionfiguren oder Computerspiele, das millionenschwere Marketing, durch das diese Generation in die Welt der Republik geraten ist. In dieser Nacht vermischen sich Ritterorden und Roboterdroiden mit der banalen Realität des Multiplexkinos. Lichtschwert in der einen, Popcorntüte in der anderen Hand.

Auch eine der Verkäuferinnen, die eine nicht enden wollende Schlange bedient, hat ihr Haar zu Leiaschnecken gezwirbelt. Es könnte jetzt einer der Jedi-Ritter über die Theke springen und sie mit sich ziehen, sie würden auf ein fliegendes Gerät aufspringen wie auf ein Motorrad und durch die zerberstende Glaswand in die Nacht hinaus fliegen. Womöglich müssten dabei ein, zwei Stormtrooper dran glauben.

Aber das passiert natürlich nicht. Stattdessen bekriegen sich Jedi-Ritter mit ihren Lichtschwertern im Gang, für ein Kamerateam. Einer von ihnen hat nur einen Stock zum Schwert, immerhin türkisfarben bemalt. "Hey, wir haben gerade darüber geredet, wie wir uns als Kinder Lichtschwerter aus Stöcken gebastelt haben", sagt ein professionellerer Jedi und klopft ihm auf die Schulter, "find ich cool." Darth Krininger sagte, sein Outfit habe 900 Euro gekostet, "eine Investition fürs Leben"".

Der Film startet, aber ein später Start schützt vor Werbung nicht. Als um halb eins der berühmte Vorspann in der Weite der Galaxie verschwindet, klatschen die Leute. Die meisten von ihnen sind dann doch in Zivil gekommen, vielleicht wollen sie sich nicht auf eine der Seiten schlagen im ewigen Krieg der Sterne. Und mancher Fan kann offenbar bis zum nächsten Tag warten, will sich unter der Woche seinen Schlaf nicht rauben lassen. Die erste Reihe bleibt leer.

Nächtliche Premiere: Darth Vader und Leia nachts im Kino in München.

Darth Vader und Leia nachts im Kino in München.

(Foto: Stephan Rumpf)

Als das Licht mehr als zwei Stunden später angeht, bleibt von der Nacht nicht mehr viel. Aus der offenen Tür tönt die berühmte Fanfare hinaus in den noch geisterhaft leeren Glaskomplex, bis das Gemurmel sich als Grundrauschen darüberlegt, müde Menschen auf den Rolltreppen gähnen. Manche haben jetzt Flyer in den Jackentaschen für eine Party am Freitag, "Nacht der Sternenkrieger" in der Nachtgalerie; eine neue Chance, die Laserschwerter zu zücken. Und das Erwachen der Macht mit Stamperln ab 50 Cent herunterzuspülen.

Und wie hat der Film nun gefallen? "Ganz gut, aber die Figuren waren ein bisschen flach", sagt ein Zivilist. Der Jedi daneben und sein Freund, der Stormtrooper, sind begeistert. "Es waren echt viele witzige Szenen drin und Anspielungen auf die alten Filme", sagt der Jedi, während seinem Freund in der weißen Rüstung ein Fremder um den Hals fällt und "Bruder!" ruft.

Dann schreitet Darth Vader die Treppen herunter, das Böse aus vergangenen Tagen. "Ich fand den Film gut", murmelt er aus der Maske. "Aber jetzt bin ich müde." Der Bankschalter ruft in wenigen Stunden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: