Nachtragshaushalt:München erzielt Rekordeinnahmen - und gibt so viel aus wie nie

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Die Stadt nimmt so viel Geld ein wie nie zuvor - und doch muss der Kämmerer Schulden machen. (Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Kämmerer Ernst Wolowicz kann in diesem Jahr so viele Einnahmen verzeichnen wie noch nie - doch die Ausgaben steigen ebenfalls.
  • Für Investitionen allerdings bleibt nicht mehr Geld übrig.
  • Die Stadt wird zudem neue Schulden aufnehmen müssen - denn immer mehr Menschen ziehen nach München und dafür muss nicht nur die Infrastruktur verbessert werden.

Von Heiner Effern, München

Die Stadt nimmt heuer so viel Geld ein wie noch nie, trotzdem macht sich Kämmerer Ernst Wolowicz Sorgen. Denn gleichzeitig gibt sie auch so viel aus wie noch nie, so dass Wolowicz vorerst 300 Millionen Euro zusätzlich aus der Barkasse in den Haushalt hinüberschieben muss. Erfahrungsgemäß reduziert sich diese Summe aber noch mal, wenn alle Rechnungen des Jahres 2016 abgeschlossen sind.

Denn die Referate können in der Regel nicht alle genehmigten Stellen besetzen und alle ihre Pläne umsetzen - das dafür vorhergesehene Geld wandert zurück in die Kasse. Doch vorerst beraten die Stadträte an diesem Dienstag im Finanzausschuss die nun vorliegenden Zahlen des Nachtragsetats, am Mittwoch sollen sie ihn in der Vollversammlung verabschieden.

Auf der Einkommensseite stehen das erste Mal in der Geschichte Münchens Einnahmen alleine aus der Gewerbesteuer von 2,5 Milliarden Euro. Das sind 100 Millionen Euro mehr als erwartet. Dazu erhält die Stadt 200 Millionen Euro mehr vom Bund, Land und anderen staatlichen Ebenen zurück. Für diese erbringt sie zum Beispiel in der Flüchtlingspolitik Leistungen, das Geld dafür kommt immer erst verspätet wieder in München an.

Auf der anderen Seite musste die Stadt genau in diesem Bereich auch 2016 wieder enorm viel Geld für Unterkünfte und Betreuung vorstrecken. Was sie dabei für höhere Standards ausgibt als vom Gesetz vorgeschrieben, kommt noch unwiederbringlich oben drauf. Dieser Brocken und andere Ausgaben der Verwaltung fressen die Mehreinnahmen komplett auf. Es bleibt also für Investitionen nicht mehr Geld übrig als ursprünglich geplant.

An dieser Stelle öffnet sich nun das Loch von 300 Millionen Euro, das der Kämmerer aus der Barkasse stopfen muss. Denn obwohl die Stadt im laufenden Geschäft nicht mehr erwirtschaftet als vorgesehen, investiert sie 300 Millionen Euro zusätzlich - zum Großteil für die Sanierung von Schulen und den Wohnungsbau. Auch bei den Investitionen legt die Stadt 2016 deshalb einen Rekord hin: 1,433 Milliarden Euro hat München laut Kämmerer Wolowicz noch nie in einem Jahr investiert. Da die Stadt aber wegen des absehbaren Wachstums der Bevölkerung damit rechnen muss, immer mehr teure Pflichtaufgaben zu erfüllen, und die Einnahmen damit wohl nicht Schritt halten, sieht er im Nachtragshaushalt 2016 auch ein "Warnsignal".

Die Stadt wird neue Schulden in dreistelliger Millionenhöhe aufnehmen müssen. "Unter allen Vorbehalten noch nicht 2017, aber sehr wahrscheinlich 2018", sagt der Kämmerer. Wie lang diese Phase dann dauern werde, könne er nicht sagen. So lange die Investitionen sinnvoll seien und die Stadt die Kredite bedienen könne, seien Schulden aber "keine Todsünde". Denn kaum eine Großstadt steht so gut da wie München. Seit 2006 wurde jedes Jahr Geld zurückgezahlt. Die Verschuldung pro Kopf ist mit 498 Euro so niedrig wie zu Beginn der 1980er-Jahre.

© SZ vom 18.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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