Nachtleben in München:Hey, das geht ab ...

Lesezeit: 3 min

... wir feiern die ganze Nacht! Trotz Krise verzeichnen Münchens Clubbesitzer Rekordumsätze. Uns haben sie erzählt, warum - und was 2010 sonst noch auf uns zukommt.

Beate Wild

Die alte Weisheit scheint sich wieder einmal zu bewahrheiten: Wenn es den Menschen schlecht geht, feiern sie erst recht. Gerade in wirtschaftlich schweren Zeiten suchen die Leute verstärkt nach Zerstreuung und Belustigung. Schon der alte Hemingway hat gesagt: "Es gibt kein Problem, dass man nicht mit einem Glas Whiskey lösen könnte." Offenbar haben sich die Münchner in Zeiten der Finanzkrise daran orientiert.

Von Krise war in den Münchner Clubs nichts zu spüren. 2009 wurde mehr gefeiert denn je. (Foto: Foto: Haas)

Denn Münchens Wirte und Clubbesitzer berichten von geradezu glorreichen Zeiten. "Die Münchner haben in keiner Weise weniger gefeiert als sonst. 2009, das Jahr der Krise, wird in die Annalen der Registratur als bestes Geschäftsjahr aller Zeiten eingehen", sagt David Walker, Chef des Elektroclubs Die Registratur, der im Herbst schließen musste und sich derzeit "im Exil" in diversen anderen Locations befindet.

Von der Krise sei im Nachtleben nichts zu merken, berichtet auch die Rote Sonne. "Vielmehr haben wir den Eindruck, dass gerade in Krisenzeiten mehr gefeiert wird als sonst", sagt Geschäftsführer Martin Gretschmann. Marko Huth vom Pacha sagt: "Die Partys waren eher sogar noch ausgelassener und wilder als in den vergangenen Jahren."

"Weihnachten wäre uns beinahe das Bier ausgegangen, da haben wir die Krise bekommen"

Und David Süss, Chef vom Harry Klein, erzählt: "Zu schaffen hat uns die ungebrochene Feierlaune gemacht, da wir ein Platzproblem haben. Weihnachten wäre uns beinahe das Bier ausgegangen, da haben wir die Krise bekommen." Und Niels Jäger vom Edmoses antwortet auf die Frage, ob die Krise zu spüren sei: "Nein, gar nicht, busseln wollen die Leute immer - gerade bei uns in München."

Doch Sugar-Boss Norbert Schmitz hat eines auch bemerkt: "Die Gäste haben genauso gefeiert, wie die Jahre vorher. Nur haben sie mehr vorgeglüht, um weniger im Lokal trinken zu müssen."

Möglicherweise liegt das daran, dass München sowieso als wohlhabendste Stadt Deutschlands gilt und die Leute hier mehr Geld für ihren Genuss ausgeben können als im Rest der Republik. Vielleicht hängt die Feierlaune der Münchner aber auch mit dem aktuellen Hype des hiesigen Nachtlebens zusammen. 2009 sind so viele Clubs wie nie aus dem Boden geschossen. München gilt als angesagt, kann endlich wieder mit anderen Großstädten mithalten - das meinen auch die Clubchefs.

"Hier kann jeder glücklich werden"

"Das Angebot an qualitativ hochwertigen Veranstaltungen ist größer denn je, so dass quasi an jedem Wochenende die Entscheidung zwischen mehreren interessanten Events besteht", findet Walker von der Registratur. "München ist bald eine Weltstadt mit Herz, auch beim Feiern", sagt Harry-Klein-Boss Süss. Und Christian Heine vom Atomic Café ergänzt: "Die Clubdichte in München hat ein historisches Hoch erreicht. Das Münchner Nachtleben kann sich auf jeden Fall sehen lassen - hier kann jeder glücklich werden."

Rado Pavlov vom P1 sieht einen neuen Trend im Club-Hopping: "Viele bleiben nicht den ganzen Abend in einem Club, sondern ziehen durch die Stadt von einer Location zur nächsten."

Den neuen München-Hype etwas kritischer sieht Norbert Schmitz vom Sugar: "Alles wiederholt sich, keiner hat Lust auf Risiko, alle gehen auf Nummer sicher. Die DJs werden weitergereicht, die Lokale werden meistens von mehreren Betreibern geführt, das macht sich dann an den Kompromissen (Ausstattung, Getränkekarte, Musik) bemerkbar. Mir fehlt die Vielfalt, die Metropolen aufzuweisen haben." Pragmatisch sieht Dana Samonik von der Paradiso Tanzbar die vielen neuen Clubs in München: "Konkurrenz belebt das Geschäft."

Nachtleben in München
:Hey, das geht ab ...

... wir feiern die ganze Nacht! Trotz Krise verzeichnen Münchens Clubbesitzer Rekordumsätze. Uns haben sie erzählt, warum - und was 2010 sonst noch auf uns zukommt.

Beate Wild

Was das Jahr 2010 angeht, sehen Münchens Clubbesitzer positiv in die Zukunft, großartige neue Trends werden jedoch nicht erwartet. "Es gibt ja eine ganz massive Tendenz zur Innenstadt. Die Sonnenstraße hat sich zur Partymeile Münchens entwickelt, der Kunstpark Mitte, wie es heißt", sagt Registratur-Chef Walker. "Außerdem ist derzeit eine Streuung in viele kleinere Clubs zu beobachten. Zumindest in der musikalischen Nische, die wir bedienten."

Nachtleben in München
:Hey, das geht ab ...

... wir feiern die ganze Nacht! Trotz Krise verzeichnen Münchens Clubbesitzer Rekordumsätze. Uns haben sie erzählt, warum - und was 2010 sonst noch auf uns zukommt.

Beate Wild

Temporäre Nutzungen von Locations im Sinne eines Guerilla Clubbing seien nach wie vor en vogue. Vielleicht sei es aber auch nur wieder an der Zeit, dass ein etwas größerer Club sich in der Mitte platziert, meint Walker, der nach dem Ende der Registratur nun einen neuen Club in der Innenstadt eröffnen will.

Atomic-Chef Heine prognostiziert: "Im Indie-Sektor werden sich neben elektronischen Einflüßen auch die traditionellen Genres wie Folk-Rock, Blues und Singer/Songwriter stark behaupten. Und 90ies-House und Drum&Bass kommt zurück auf den Tanzflur."

Und P1-Chef Pavlov sieht eine Innovation in der schnelleren Kommunikation via Web: "Durch das Internet ist alles vernetzt, Neues in der Musik und Szene spricht sich wie ein Lauffeuer herum."

"It's time for Maxvorstadt"

Süss freut sich erst einmal darauf, dass sein Harry Klein bald von der Kulturfabrik in die Sonnenstraße umzieht und nennt das den "Einzug ins gelobte Land". Desweiteren träumt er von einer Ausweitung des Lokalkolorits: "Türsteher mit Mundart (Watschntoni) und ein Technozelt auf der Wiesn."

Sugar-Chef Schmitz findet dagegen, dass der Trend weggeht von Clubs hin zu Party-Restaurants: "Das ältere Publikum geht halt nicht mehr so häufig aus. Deren neue Wohnzimmer sind Hugos, Cavos, Kytaro, also Restaurants, die nach dem Essen die Musik aufdrehen und Party machen." Und Edmoses-Chef Jäger sieht gar ein neues Viertel am Partyhorizont aufgehen: "It's time for Maxvorstadt."

Man kann also gespannt sein, was 2010 noch so alles auf München zukommt. Hauptsache, es wird nicht weniger gefeiert.

Was uns Münchens Clubbesitzer sonst noch verraten haben, lesen Sie hier.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: