"Nachkriegs-Rekord":München plant größten Schuldenabbau seit Jahrzehnten

Lesezeit: 2 min

Rosiger Etat: Weil es eine Riesen-Finanzpritze über 600 Millionen Euro von den Stadtwerken gibt, können 286 Millionen Euro Schulden zurückgezahlt werden.

Berthold Neff

Dank einer Rekord-Finanzspritze der Stadtwerke München in Höhe von 600 Millionen Euro wird die Stadt im kommenden Jahr ihren Schuldenberg um 286 Millionen Euro abbauen können. Dies sieht der Entwurf für den Etat 2007 vor, den Stadtkämmerer Ernst Wolowicz am 13. Dezember im Plenum präsentieren wird. Es ist dies der größte Schuldenabbau seit Jahrzehnten.

Stadtkämmerer Ernst Wolowicz, der die frohe Botschaft am gestrigen Donnerstag an die Stadträte verschickte, zeigte sich "über die finanzielle Entlastung hoch erfreut". Wolowicz sagte, die Stadt habe sich zwar "noch nicht aus der finanziellen Schieflage befreit", werde nun aber für die zum Teil schmerzhaften Anstrengungen bei der Haushaltskonsolidierung belohnt.

Hohe Gewerbesteuer-Nachzahlung

OB Christian Ude (SPD) führt den "deutlichen Abbau der Schulden" vor allem darauf zurück, "dass die erfolgreich verteidigte Gewerbesteuer in diesem Jahr ihren Nachkriegsrekord hingelegt hat". Die hohe Ausschüttung der Stadtwerke hingegen sei vor allem auf Rückstellungen vergangener Jahre zurückzuführen, "kommt uns aber nicht ungelegen".

Ude sagte, er rechne bei der Gewerbesteuer weiter mit "Stabilität auf hohem Niveau". Bei den Stadtwerken werde es zwar keine weiteren Sondereffekte geben, aber die vertraglich vereinbarte Ausschüttung.

Stadtkämmerer Ernst Wolowicz kündigte gestern außerdem an, dass die Stadt bereits heuer nicht wie vorgesehen nur 44 Millionen Euro Schulden zurückzahlt, sondern wohl 80 Millionen. Möglich wird dies durch eine hohe Gewerbesteuer-Nachzahlung. Dass der Etat 2007 nun so rosig dasteht, führt Wolowicz außer auf die hohe Gewinnausschüttung der Stadtwerke München GmbH (netto 400 Millionen Euro mehr als 2006) und auf die gute Konjunktur zurück.

Wolowicz erhöht den Ansatz bei der Gewerbesteuer 2007 um 150 Millionen auf fast 1,5 Milliarden Euro. Und weil die Arbeitslosenzahlen sinken, kalkuliert er beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer mit einem Plus von 25 Millionen Euro.

"Drei einmalige Sonder-Effekte"

Stadtwerke-Chef Kurt Mühlhäuser führt die Rekord-Gewinnausschüttung auf drei "einmalige Sondereffekte" zurück. Erstens wurden die anteiligen Rückstellungen für die Entsorgung des Atomkraftwerks Isar 2 um 140 Millionen Euro reduziert. Weitere 100 Millionen Euro bleiben übrig, weil auch die Rückstellungen für Pensionen sinken.

Außerdem werden in diesem Jahr noch Gesellschaftsanteile der Stadtwerke auf die Stadtwerke Services GmbH übertragen, wodurch ein zusätzlicher Bilanzgewinn von 360 Millionen Euro entsteht. Ursprünglich hatten die Stadtwerke mit dem Vorjahresgewinn von etwa 60 Millionen Euro gerechnet.

Die Ausschüttung der Stadtwerke an die Stadt erfolgt noch nach dem alten München-Modell. Künftig gilt ein neues Modell, mit dem das von der Stadt in die Stadtwerke eingebrachte Eigenkapital von 1,5 Milliarden Euro höher verzinst wird und eine um 50 Millionen Euro höhere Ausschüttung bewirkt.

Die Stadtwerke-Überweisung und die erwarteten höheren Steuereinnahmen führen dazu, dass der Kämmerer auf einen Schlag Kredite von 286 Millionen Euro tilgen kann. Das reduziert die Zinsausgaben um 27 Millionen Euro. Außer in diesem Jahr hatte die Kämmerei zuletzt im Jahr 2000 den Schuldenberg (derzeit 3,4 Milliarden Euro) abbauen können, und zwar um 34 Millionen Euro.

Die Korreferentin der Stadtkämmerei, die FDP-Stadträtin Gabriele Neff, kritisierte, die Stadtwerke hätten die Gewinne lieber in Form von niedrigeren Preisen für Strom und Gas an die Bürger zurückgeben sollen.

© SZ vom 1.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: