Feuerwehrschule:Ausbildung bei 270 Grad

Feuerwehrschule: Feuerwehrschüler üben in der Feuerwache in der Aidenbachstrasse für den Ernstfall in der Brandsimulationsanlage Foto:Catherina Hess

Feuerwehrschüler üben in der Feuerwache in der Aidenbachstrasse für den Ernstfall in der Brandsimulationsanlage Foto:Catherina Hess

(Foto: Catherina Hess)

Die Feuerwehrschule hat ein Platzproblem, die Übungsmöglichkeiten sind beschränkt. Jetzt soll es einen Neubau geben - dabei ist das Problem schon lange bekannt.

Von Eva Casper

"Wir zünden dann jetzt die Küche an, ja?" Norbert Nachrainer von der Münchner Feuerwehr schaut auf seinen Computerbildschirm. Drei Räume weiter, in der Küche, schießen Flammen an die Decke. Vier Feuerwehrmänner knien auf dem Boden und warten. Mindestens zehn Minuten.

So lange sollten es die Neuen schon aushalten in dieser brennenden Hölle: Raumtemperatur 270 Grad, Deckentemperatur 500 Grad. Und das ist noch eher Durchschnittstemperatur. Je nach Raum und Brenndauer könnten es auch schon mal 800 Grad werden, sagt Brandinspektor Florian Hörhammer. Er steht im Brandsimulationsraum der Feuerwehrschule und schaut zu, wie die Auszubildenden in kleinen Gruppen hinter Metalltüren verschwinden.

Es ist ein Raum, der aussieht wie die Kulisse eines postapokalyptischen Kinofilms: Jeder Zentimeter aus dunklem Metall, auf einer Bank sitzen lebensgroße Puppen ohne Gesicht, auf Knopfdruck schießen Flammen die Decke entlang, aus dem Bett oder dem Herd. Es riecht nach Feuer und Gas. Der Brandsimulator soll eine echte Wohnung nachstellen und dient den Auszubildenden zu Übungszwecken. 14 von ihnen müssen sich heute zum ersten Mal diesem Teil der "Heißausbildung" stellen, das bedeutet: erfahren, wie sich 270 Grad eigentlich anfühlen.

Die Feuerwehrschule hat ein Platzproblem

Seit 1967 werden an der Aidenbachstraße Feuerwehrleute ausgebildet. Und es ist mittlerweile eng geworden in dem Gebäude. Die Zahl der Mitarbeiter hat sich zwischenzeitlich von 800 auf knapp 1700 verdoppelt. Der Kreisverwaltungsausschuss hat das Platzproblem bereits bemängelt: Dabei geht es nicht nur um zu wenige Duschen und Lehrräume. Die Übungsmöglichkeiten seien allgemein zu gering und nicht auf dem neuesten Stand.

Feuerwehrschule: Den ersten Einsatz im Feuer erleben viele Anwärter im Brandsimulator.

Den ersten Einsatz im Feuer erleben viele Anwärter im Brandsimulator.

(Foto: Catherina Hess)

Neu ist das Problem nicht. Schon seit 2002 wird darüber diskutiert, die Feuerwehrschule zu modernisieren. Auch eine komplette Verlegung wurde in Betracht gezogen. 13 Standorte wurden geprüft, das Junkers-Gelände in Allach galt als besonders aussichtsreich. Am Ende scheiterten jedoch alle Vorschläge: Entweder waren die Standorte zu klein oder bereits vergeben. Die Schule bleibt also an der Aidenbachstraße, soll aber im Süden bis zur Boschetsrieder Straße ausgebaut werden.

Geplant ist vor allem auch eine neue Brandsimulationsanlage. Viele bautechnische Neuerungen ließen sich heute in der Ausbildung gar nicht nachstellen, sagt Sebastian Loher, der bei der Münchner Feuerwehr für Bauprojekte zuständig ist. Beispielsweise seien Fassaden und Fenster heute viel stärker gedämmt und neue Baustoffe würden verwendet, die ein anderes Brennverhalten zeigen als früher. Außerdem möchte man auch die Ausbildung der Rettungssanitäter wieder an der Aidenbachstraße ansiedeln, die derzeit noch in der Feuerwache 6 in Pasing stattfindet.

"Wir müssen derzeit viel improvisieren"

Doch es fehlen auch grundsätzliche Dinge wie eine Kantine, Aufbewahrungsmöglichkeiten oder Lehrräume. "Wir müssen derzeit viel improvisieren", sagt Loher. Da könne es schon vorkommen, dass in einer praktischen Übung nicht jeder an die Reihe kommt. "Wir würden am liebsten schon nächstes Jahr mit den Bauarbeiten beginnen." Doch das ist eher unrealistisch. Um ausreichend Platz zu schaffen, muss nämlich auch die Boschetsrieder Straße am Ratzinger Platz entsprechend umgebaut werden. Loher hofft, dass 2020 mit der ersten Bauphase begonnen werden kann.

Bis dahin müssen die Auszubildenden zusammenrücken. Weil die Arbeitszeit der einzelnen Mitarbeiter reduziert werden muss, werden als Ausgleich in diesem Jahr erstmals mehr als 70 neue Feuerwehrleute ausgebildet - doppelt so viele wie sonst.

Was das Platzproblem noch drängender macht. Da so viele nicht gleichzeitig im Brandsimulator üben können, steht für die anderen heute Theorieunterricht an. Ein Jahr dauert die Ausbildung. Sechs Monate Grundausbildung, danach folgen die dreimonatige Ausbildung zum Rettungssanitäter und die Führerscheinprüfung.

Die Qualität der Bewerber hat abgenommen

Einige haben bereits Erfahrung bei der Freiwilligen Feuerwehr gesammelt. Doch für viele ist es heute das erste Mal, dass sie einem Brand gegenüberstehen. Die Qualität der Bewerber haben zuletzt abgenommen, sagt Hörhammer. "Da überlegen wir uns schon, ob es Sinn macht, jemanden zu nehmen, der gerade so mit einer Vier den Eignungstest besteht."

Die angehenden Feuerwehrleute, die nach zehn Minuten aus der verrauchten Küche stapfen, sind zumindest feuerfest. In ihre Atemmasken schnaufen sie wie Darth Vader. "Schön kuschelig", sei es gewesen. Wie "ein ordentlicher Saunaaufguss", können sie schon wieder witzeln.

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