"Nachhaltige Störungen":Kaufmann brüskiert Anwälte

Die Verteidiger Günther Kaufmanns sind frustriert, weil sich ihr Klient anderweitig Rat geholt hat.

Von Constanze von Bullion

Das Verwirrspiel um den Schauspieler Günther Kaufmann, der möglicherweise zu Unrecht zu 15 Jahren Haft verurteilt wurde, geht in die nächste Runde. Nach einem Besuch in der JVA Berlin-Tegel erklärten Kaufmanns Anwälte am Donnerstag sichtlich verärgert, sie überlegten, ihr Mandat niederzulegen. "Es gibt nachhaltige Störungen im Vertrauensverhältnis", sagte Nikolaus Koehler. "Offenbar wird Herr Kaufmann massiv von außen ferngesteuert."

Nachdem Kaufmanns Tochter und ein Zivilrechts-Anwalt ihn in der Haft besuchte hätten, sei Kaufmann "von irgendeiner Seite falsch beraten worden". Nun blockiert er die Wiederaufnahme seines Verfahrens. Warum der ehemalige Fassbinder-Schauspieler sich querstellt, ist so undurchsichtig wie der Hintergrund des Prozesses, bei dem Kaufmann im November 2002 in München wegen Tötung seines 60-jährigen Steuerberaters verurteilt worden war.

Das Gericht ging nach seinem widersprüchlichen Geständnis von schwerer räuberischer Erpressung mit Todesfolge aus. Verantwortlich für die Tat sind nach neuen Ermittlungen aber drei vor kurzem in Berlin verhaftete Männer. Kaufmann soll demnach bei der Tat nicht dabei gewesen sein. Auf die Frage, ob der 56-jährige Kaufmann bei seiner Version bleibe, antwortete Anwalt Steffen Ufer: "So weit sind wir nicht gekommen." Weiter sagte er: "Natürlich bin ich frustriert, dass es nicht so gelaufen ist, wie ich es mir vorgestellt habe. Aber das gehört zu unserem Beruf."

Ob Kaufmann mit falschen Angaben seine krebskranke Frau decken wollte, die die drei Männer angestiftet haben soll, aber zum Zeitpunkt des Prozesses bereits gestorben war, oder ob er erpresst wurde - all das wollten die Münchner Anwälte in Berlin-Tegel erfragen. Vergeblich.

Kaufmann lässt sich anderweitig beraten. "Möglicherweise gibt es Kollegen in Berlin, die den Fall angesichts des großen Medieninteresses übernehmen möchten", sagte Anwalt Koehler. Einen solchen Wettlauf aber hätten die Münchner nicht nötig: "Wir stehen da meilenweit drüber." Eine Entscheidung soll in den nächsten Tagen fallen.

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