Nach Tod eines Orang-Utan-Babys:Vater unter Verdacht

Orang-Utan-Mädchen Olivia

Das Orang-Utan-Mädchen Olivia - hier mit vier Monaten beim Spielen im Tierpark - starb an Weihnachten.

(Foto: dpa)
  • Nach dem Tod des Orang-Utan-Babys im Tierpark Hellabrunn führen die Spuren zum Vater des Kindes.
  • Möglicherweise ist das Baby bei einem ungestümen Paarungs-Akt gestorben.
  • Eine Obduktion soll nun Klarheit bringen.

Von Jakob Wetzel

Ein Baby ist tot, und schuld ist womöglich der Vater. Die Rede ist von einem tragischen Unglück: Der kleine Orang-Utan-Säugling, der am Weihnachtsmorgen tot aufgefunden wurde, sei "buchstäblich im falschen Moment am falschen Ort" gewesen, glaubt Rasem Baban, der Direktor des Tierparks Hellabrunn. Doch was genau im Orang-Utan-Gehege geschah, kann nach wie vor niemand mit Sicherheit sagen.

Möglicherweise sei das knapp elf Monate alte Menschenaffen-Baby Olivia bei einem ungestümen Paarungs-Akt von Clan-Chef Bruno tödlich verletzt worden, vermutete die Tierparkleitung bereits kurz nach dem Todesfall; Bruno habe sich in den Tagen zuvor sehr für Olivias Mutter Matra interessiert. Klarheit soll nun eine Obduktion bringen - doch einstweilen verwahrt den Leichnam die trauernde Mutter. Mit ihrer verbliebenen Tochter Jolie hat sie sich zurückgezogen. Nähme man ihr das tote Baby, würde der gesamte Clan in Aufruhr geraten, fürchtet eine Tierpark-Sprecherin. Bis Tierärzte den Körper untersuchen können, brauche die Mutter noch ein paar Tage Zeit, um Abschied zu nehmen.

Clan-Chef Bruno wird verdächtigt

Der Tatverdächtige ist in München kein Unbekannter: Orang-Utan Bruno, gebürtiger Hellabrunner, ist ein früherer Publikumsliebling des Tierparks. Schon bei seiner Geburt erregte er Aufsehen: Im Februar 1969 kam er gemeinsam mit seiner Schwester Hella auf die Welt. Orang-Utan-Zwillinge sind selten; noch seltener ist es, dass beide überleben. Ihre ersten Monate verbrachten sie in einer eigens eingerichteten Spezial-Station im Schwabinger Kinderkrankenhaus. Zurück im Tierpark, wurden Hella und "Brunni", wie Bruno ursprünglich genannt wurde, rasch zur Attraktion, vergleichbar mit den im Dezember 2013 geborenen Eisbären-Zwillingen.

Mittlerweile hat Bruno mit verschiedenen Weibchen etwa 30 Kinder gezeugt; mit 45 Jahren ist er im gesetzten Alter. Als aggressiv fiel er nie auf. Dem Tierpark galt er als friedlicher Vater, der seinen Nachwuchs freundlich behandle. Doch in Paarungslaune würden Männchen zuweilen rabiat, sagt eine Tierparksprecherin; das käme bei verschiedenen Tierarten vor, auch in freier Wildbahn - mit der Gefangenschaft habe das Unglück nichts zu tun. Männliche Orang-Utans hätten nicht nur enorme Kraft, sondern auch keine Hemmungen, Weibchen mit Jungtieren zu bedrängen. Womöglich habe Olivias Mutter geschrien, vielleicht sei die Kleine zu ihr hingelaufen. Darüber könne man bislang nur spekulieren.

Schon einmal starb ein Orang-Utan-Baby in Hellabrunn

Für Bruno und Matra ist es bereits die zweite Tochter, die sie verlieren. Im Februar 2008 war das kleine Orang-Utan-Mädchen "Anni" gewaltsam ums Leben gekommen: Es war durch einen Spalt, den es nicht hätte geben dürfen, auf die Oberseite des Decken-Netzes im Gehege geklettert und fand nicht mehr zurück. Vater Bruno wollte helfen und versuchte, das Baby durch die Maschen nach unten zu ziehen; dabei brach er ihm das Genick.

Sumatra-Orang-Utans gehören zu den am stärksten gefährdeten Affenarten; sie leben in freier Wildbahn lediglich auf Sumatra in Indonesien. Im Tierpark Hellabrunn gibt es nun noch sechs Sumatra-Orang-Utans: Bruno, Matra, zwei weitere erwachsene Weibchen und jetzt noch zwei Jungtiere.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: