Nach scharfen Kontrollen:Bettler ziehen weiter

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Innerhalb des Altstadtrings und im Bahnhofsviertel ist aggressives oder bandenmäßiges Betteln verboten. (Foto: Stephan Rumpf)

Rund ums Tal und den Viktualienmarkt sollen deutlich weniger Menschen um Geld betteln. Seit sechs Wochen gelten in der Innenstadt strenge Vorschriften für Bettler. Jetzt interessieren sich auch andere Großstädte für die harte Münchner Linie.

Von Thomas Anlauf, München

Viele Bettler haben offenbar München verlassen, seit die Stadt strenge Vorschriften für die Innenstadt erlassen hat. Streetworker des Evangelischen Hilfswerks haben beobachtet, dass in jüngster Zeit rund ums Tal und den Viktualienmarkt deutlich weniger Menschen um Geld betteln. Das sei so seit Inkrafttreten der neuen Verordnung, sagt Franz Herzog, Chef der Münchner Obdachlosenhilfe "Teestube komm". In Würzburg und Nürnberg seien dagegen offenbar mehr Bettler als bislang auftreten.

Am 12. August hatte das Kreisverwaltungsreferat (KVR) eine Allgemeinverfügung erlassen, wonach aggressives oder bandenmäßiges Betteln innerhalb des Altstadtrings und im Bahnhofsviertel verboten ist und seither von der Polizei geahndet wird. Zuletzt hatten etwa 100 Menschen innerhalb des Mittleren Rings um Geld gebettelt, die meisten von ihnen stumm. Da sich im vergangenen Jahr die Zahl der Bettler deutlich erhöht hatte und einige auch aggressiv Geld von Passanten gefordert hatten, empfahl KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle dem Stadtrat eine härtere Gangart im Umgang mit aggressiven Bettlern.

"Wir kontrollieren jetzt wesentlich stärker"

Für eine endgültige Bilanz sei es zwar noch zu früh, "aber ich persönlich habe den Eindruck, dass die Zahl der Bettler zurückgegangen ist", sagt der KVR-Chef. Bislang gebe es nur vereinzelt Hinweise, dass etwa am Rotkreuzplatz in Neuhausen oder am Wiener Platz in Haidhausen nun Bettler auftreten, die vorher dort nicht waren. Dass sich ganze Bettlergruppen in andere Stadtviertel aufgemacht hätten, sei jedoch nicht der Fall. "Ich meine sogar, weniger stille Bettler in der Stadt zu sehen", so Blume-Beyerle.

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"Wir kontrollieren jetzt wesentlich stärker", sagt Norbert Röske. Er ist Chef der zivilen Altstadtgruppe bei der Polizeiinspektion 11 und auch für die Bettler zuständig. Seit August verteilen er und seine Kollegen Faltblätter an die Menschen am Straßenrand, worin die neuen strengen Regeln in verschiedenen Sprachen erklärt werden. Röske geht davon aus, dass viele Bettler organisiert sind. Beweise dafür gibt es jedoch kaum.

Franz Herzog vom Evangelischen Hilfswerk glaubt ohnehin, dass es sich bei einigen Gruppen aus dem südosteuropäischen Raum um große Familien handelt, die gemeinsam auf Tour gehen. Da sei es völlig normal, dass das Familienoberhaupt im Hintergrund das Geld einsammelt. Herzog vermutet auch, dass viele derzeit die Stadt wegen der härteren Münchner Gangart meiden.

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Für KVR-Chef Blume-Beyerle greift das neue Instrument sehr gut: "Es läuft eigentlich erwartungsgemäß." Zwar seien noch Bettler in der Stadt, allerdings verhielten sie sich nun deutlich zurückhaltender. Für die Forderung der CSU-Fraktion im Stadtrat, die Verbotszone für aggressive Bettler auf andere Viertel auszuweiten, "sehen wir derzeit keinen Anlass: Wir wollen das Betteln ja nicht generell verbieten."

Verschiedene Sozialverbände hatten mit deutlicher Kritik auf das neue Münchner Bettel-Verbot reagiert. So sagte Münchens Caritas-Geschäftsführer Norbert J. Huber, dass mit der Allgemeinverfügung nur die Opfer und nicht deren Hintermänner getroffen würden. Andere Städte haben indes Interesse an der Münchner Linie bekundet. "Wir haben bereits mit Salzburg Kontakt aufgenommen", sagt Blume-Beyerle. In zwei Wochen wird er das Konzept auf einem Treffen mit Behördenvertretern der deutschen Großstädte vorstellen.

© SZ vom 25.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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