Nach Rüstungsdeal mit Saudi-Arabien:Gefeuerter Manager verklagt EADS

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Ein EADS-Manager zieht einen millionenschweren Auftrag der saudi-arabischen Luftwaffe an Land und wird dann rausgeschmissen. Gibt es einen Zusammenhang? Ja, findet der Mann, und klagt gegen die Kündigung. Seine Chancen stehen gut.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Über millionenschwere Rüstungsgeschäfte wird gewöhnlich hinter verschlossenen Türen geredet. Die fristlose Entlassung eines EADS-Managers hat nun aber in öffentlicher Verhandlung vor dem Arbeitsgericht offenbart, wie in dieser Branche agiert wird. Der Spitzenangestellte aus der Verteidigungssparte des Luftfahrtkonzerns war 2013 auf dem besten Weg, einen viele hundert Millionen Euro teuren Auftrag der saudi-arabischen Luftwaffe nach Deutschland zu holen. Dabei sei er allerdings über eine Kartellabsprache mit dem britischen Rüstungskonzern BAE Systems gestolpert, hieß es nun vor Gericht. Als "Bauernopfer" sei der Manager gefeuert worden, um die Engländer zu beruhigen.

Der 65-Jährige klagt dagegen, und seine Chancen stehen offenbar gut: "Es bestehen massive Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kündigung, sowieso an der fristlosen", sagte die Kammervorsitzende am Montag. EADS wird wohl zahlen müssen: Zur Debatte steht wenigstens eine halbe Million Euro für die drei Jahre, die der Mann noch bis zur Rente hat. Der Konzern würde ihn aber am liebsten über geplanten Personalabbau und einen damit verbundenen Sozialplan abfinden.

Auslöser des Streits war die Modernisierung von 54 Tornado-Kampfjets der Royal Saudi Air Force. Die damals noch Cassidian genannte Rüstungssparte der EADS verhandelte, wie es in dem Gerichtsverfahren heißt, 2011 und 2012 direkt mit den Saudis über ein Upgrade-Programm im Wert mehrerer hundert Millionen Euro - in Konkurrenz zu BAE Systems. Die deutsche Lösung soll nicht nur technisch überlegen gewesen sein: So habe General Al Shablan den Münchner Manager damals informiert, dass die Verhandlungen mit BAE Systems beendet worden seien, weil man sich preislich nicht habe einigen können.

Verzweiflung in der Chef-Etage

Zu einem Wandel der Geschäftspolitik bei EADS sei es Ende 2013 gekommen, vermutet Klägeranwalt Michael Scheele. Er sieht einen Zusammenhang mit gescheiterten Fusionsbestrebungen: EADS hatte das Wehrgeschäft mit der britischen BAE Systems zusammenlegen wollen, was dem Konzern aber von der deutschen und französischen Regierung untersagt wurde.

Alles deute darauf hin, dass in diesem Zusammenhang entschieden worden sei, dass Cassidian ausschließlich über den britischen Konzern an dem saudischen Tornado-Upgrade beteiligt werden sollte. Dass der potente Kunde durch den deutschen Manager quasi abgeworben worden sei, soll in der EADS-Chefetage Verzweiflung ausgelöst haben, deutete Scheele an. Der langjährige Mitarbeiter habe als "Sündenbock" herhalten müssen.

Der Mann, der bis zu diesem Zeitpunkt offenbar für eine Beförderung vorgesehen und wie stets auch 2012 für seinen "maßgeblichen Beitrag zum Geschäftsjahr" gelobt worden war, sah sich plötzlich vagen Beschuldigungen ausgesetzt. Er habe weisungswidrige Schreiben verschickt und rechtswidrig fremdes Briefpapier benutzt, Kompetenzen überschritten und die Unterschriftenregelung missachtet.

Mit "strengen Untersuchungen" gedroht

Die EADS behauptet, der britische Konzern habe Schadensersatzforderungen angemeldet - wegen der politischen Dimension sei das Ansehen von EADS geschädigt. Das Vertrauensverhältnis sei deshalb zerstört und somit die fristlose Kündigung unumgänglich gewesen. Der Geschasste weist das entschieden zurück: Vielmehr habe er als direkter Ansprechpartner der Saudis verschwinden müssen - denn die hätten schon seine Rückkehr verlangt, andernfalls sei für Cassidian bei der Saudi-Luftwaffe die Tür zu. Aber das sei ja das Ziel der Engländer gewesen. Der Manager gab an, man habe ihn zunächst mit einem billigen Angebot abspeisen wollen und dann - als er das nicht unterschreiben wollte - mit "strengen Untersuchungen" durch die hauseigene Compliance-Abteilung gedroht; die fänden immer etwas, um "schmutzige Wäsche zu waschen".

Trotz der gegenseitig schweren Vorwürfe einigten sich beide Seiten vor Gericht, in den nächsten Tagen Vergleichsverhandlungen führen zu wollen. Sollten die scheitern, will das Gericht am 8. Dezember ein Urteil verkünden.

© SZ vom 11.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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