Nach Mord in Obersendling:Messerstecher soll in die Psychiatrie

Mit 18 Messerstichen hat ein junger Mann sein zufällig ausgewähltes Opfer im Januar in Obsendling getötet. Nun kommt der mutmaßliche Täter vor Gericht. Doch wegen einer schweren psychischen Erkrankung landet er wohl gar nicht im Gefängnis.

Von Christian Rost

Die tödliche Messerattacke auf die Verlagsangestellte Kathrin M. im Flur eines Wohnhauses in Obersendling wird vom 20. Januar 2014 am Landgericht München I aufgearbeitet. Die Staatsanwaltschaft habe die Unterbringung des mutmaßlichen Täters Marco F. in einer Psychiatrie beantragt, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch. Demnach kann F. für den Mord an Kathrin M. strafrechtlich nicht verantwortlich gemacht werden. Laut einem Gutachten ist er wegen einer schweren psychischen Erkrankung nicht schuldfähig.

Der Jugendkammer am Landgericht liegt deshalb keine Anklage-, sondern eine sogenannte Antragsschrift vor: Das Gericht muss zwar feststellen, ob F. tatsächlich die 31-jährige Kathrin M. getötet hat. Es verhängt aber keine Strafe im eigentlichen Sinn: Am Ende des Prozesses wird darüber entschieden, ob F. auf unbestimmte Zeit in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht wird. Der Fall liegt bei der Jugendkammer, weil der Beschuldigte zur Tatzeit erst 18 Jahre alt und somit Heranwachsender war.

Marco F. räumte die Tat nach seiner Festnahme weitgehend ein. Demnach war Kathrin M. ein Zufallsopfer geworden. Sie kam am 4. Januar aus dem Fitnessstudio und hörte auf dem Heimweg Musik mit Kopfhörern. F., der in der Nachbarschaft der Frau bei seiner Mutter wohnte, sah sie auf der Straße und folgte ihr.

In dem Mehrfamilienhaus in der Halskestraße, wo M. wohnte, betrat er mit ihr den Flur. Mit einem Küchenmesser stach er dann 18 Mal auf das Opfer ein. Er habe sich bewusst eine Frau ausgesucht, sagte F. später bei seiner Vernehmung durch Beamte der Mordkommission. Weil sich ein Mann womöglich mehr gewehrt hätte. Das Tatmotiv klang unglaublich: "Ich habe gehofft, ich komme so an eine Wohnung", soll F. gesagt haben.

Angst und Entsetzen in der Nachbarschaft

Nach der Tat flüchtete er aus dem Haus. Die schwerverletzte Kathrin M. verblutete. Von dem Täter fehlte zunächst jede Spur, in der Nachbarschaft herrschte Angst und Entsetzen. Einen Raubüberfall oder ein Sexualdelikt schloss die Polizei bald aus. Drei Wochen nach der Tat kamen die Ermittler schließlich auf den Schüler.

Ein Beamter der Inspektion Forstenried hatte sich an Marco F. erinnert. Er war bereits mit Gewaltphantasien aufgefallen und als "Gefährder" angesprochen worden, nachdem er versucht hatte, sich mit Hilfe eines Freundes eine Waffe für einen angeblichen Wirtshausüberfall zu besorgen. Als der Freund dann trotz Bezahlung keine Waffe lieferte, zeigte F. ihn wegen Betrugs an.

Über diesen Fall mit unklarem Hintergrund informierte die Polizei auch die Stadt. Der als geistesschwach geltende F. wurde danach mit seiner Mutter ins Sozialbürgerhaus zu einem Beratungsgespräch eingeladen und nahm den Termin auch wahr. Für Zwangsmaßnahmen habe es aber keine Handhabe gegeben, erklärte das Sozialreferat nach der Bluttat. Auch das Jugendamt sei für den Volljährigen nicht mehr zuständig gewesen.

In seinem Zimmer in der Wohnung seiner Mutter fand die Polizei den Griff des Küchenmessers. Die abgebrochene Klinge war bereits am Tatort in der Halskestraße gefunden worden. Auch blutige Kleidungsstücke befanden sich noch im Zimmer des Schülers. Ein Vergleichstest der DNA von Marco F. mit Spuren vom Tatort bestätigte den dringenden Tatverdacht. F. befindet sich derzeit in der forensisch-psychiatrischen Klinik in Straubing.

Die aus Sachsen stammende Kathrin M. ist in ihrem Heimatort Klix bei Bautzen beigesetzt worden.

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