Nach Mord an neunjährigem Peter:CSU will Jugendstrafrecht verschärfen

Bayerns Landesregierung will außerdem Straftäter künftig zur Therapie zwingen. Wer nicht zum Psychologen geht, soll wieder in Haft kommen. Eine entsprechende Gesetzesinitiative will Stoiber gemeinsam mit Thüringen auf den Weg bringen.

Von Christian Rost und Kassian Stroh

Ministerpräsident Edmund Stoiber forderte am Montag schärfere Gesetze. So müsse gegen Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren grundsätzlich nach dem Erwachsenenstrafrecht verhandelt werden.

Eine Verurteilung nach dem milderen Jugendstrafrecht, die ein Gericht beschließen kann, müsse die Ausnahme bleiben, sagte Stoiber. Damit könnte bei Heranwachsenden eine nachträgliche Sicherungsverwahrung, die schon jetzt grundsätzlich möglich ist, häufiger angeordnet werden.

"Beim Schutz vor gefährlichen Straftätern gibt es Sicherheitslücken", kritisierte Stoiber. "Es ist schlimm, dass immer wieder solche Verbrechen passieren müssen, ehe sich die Bundesregierung, und dann auch nur in Trippelschritten bewegt."

"Eine Therapie unter Zwang gibt es nicht"

Bayern werde bereits am heutigen Dienstag bei einer gemeinsamen Kabinettsitzung mit der thüringischen Regierung eine erneute Gesetzesinitiative auf den Weg bringen. Diese sehe auch vor, dass ein Straftäter wieder in Haft komme, wenn er sich einer Therapie verweigert.

Der rechtspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, der Münchner Abgeordnete Jerzy Montag, erteilte diesen Forderungen eine Absage. Seine Partei habe "schon bei der Frage der Sicherungsverwahrung für heranwachsende Täter nur mit größtem Widerwillen mitgemacht".

Auch eine Zwangstherapie von Sexualstraftätern lehnt der Grünen-Abgeordnete ab: "Eine Therapie unter Zwang gibt es nicht, weil sie ohne das Zutun des zu Therapierenden keinerlei Aussicht auf Erfolg hätte", sagte Montag zur SZ.

Unendlich traurig

Der Mord an Peter A. bezeichnete er als "einen Fall im Grenzbereich des Möglichen". Es sei "unendlich traurig, aber solche Fälle werden auch bei der schärfsten Gesetzeslage wieder vorkommen".

Auch Fachleute wie der Kripobeamte Helmut Furtner, der 1994 beim ersten Mord von Martin Prinz an einem elfjährigen Ministranten in Regensburg für die Ermittlungen zuständig war, halten eine Gesetzesänderung für nicht nötig. Furtner sagte der dpa, es hätte genügt, den 28-jährigen Prinz per richterlichen Beschluss in eine Psychiatrie einzuweisen. Ähnlich äußerte sich der Anwalt Steffen Ufer.

Die Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung ist laut Staatsanwaltschaft allerdings nur möglich, wenn der Täter als vermindert schuldfähig angesehen wird, also eine "Störung der Steuerungsfähigkeit bei der Tat" vorgelegen hat.

Gutachter: Freigang war "verantwortbar"

Im Fall Prinz hatten dies die psychiatrischen Gutachten nicht festgestellt. In weiteren Gutachten wird sogar vorsichtig eine positive Entwicklung bei Prinz erkannt.

Zur Frage von Vollzugslockerungen teilte im September 2001 ein Sachverständiger mit: "Lockerungen im Sinne von Ausgang" sei "verantwortbar". Dass Prinz in der Haft einen weiteren Kindsmissbrauch gestand, wertet der Gutachter als "ernsthaftes Bemühen um therapeutische Fortschritte und das Bewusstsein des Probanden um die Risiken, die in seiner Person stecken".

Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) sagte, sie sehe keinen Ansatz für Kritik an den Gutachten. Es fehle an rechtlichen Instrumentarien, die eine Kontrolle der Täter nach der Haftzeit ermöglichten. So sollten Kontaktsperren zu Kindern verhängt und therapieunwillige Täter bestraft werden können.

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