Nach der Wiesn:Mit dem Dirndl in die Disco

Lesezeit: 2 min

Trachten müssen nach dem Oktoberfest nicht den Motten zum Fraß vorgewerfen werden. Mode-Profi Dorothea Beisser erklärt, wo man überall Dirndl und Lederhose tragen und vielleicht sogar neue Trends setzt.

(SZ vom 6.10.2003) - Dirndl und Lederhosn - so viele wie nie: Eine "liebenswürdige Tendenz zur Tracht", so Fremdenverkehrschefin Gabriele Weishäupl, gab's heuer beim Oktoberfest. Dass es bei diesem Outfit allerlei fantasiereiche Variationen gibt, stört bei der Stadt und der Festleitung keineswegs. "In der Großstadt war die Tracht immer eine nostalgische Verkleidung", so Oberbürgermeister Christian Ude, "die einfach das Zusammengehörigkeitsgefühl beim Feiern verdeutlichen soll." Die SZ sprach über Tracht und Stil mit Dorothea Beisser, der Leiterin der Modeschule Esmod.

SZ: Viele Münchner haben sich in den vergangenen Wochen mit neuen Dirndln und Tracht eingedeckt. Kann man sich damit jetzt auch noch anderswo blicken lassen?

Beisser: Man kann sich bestimmt noch auf diversen Veranstaltungen sehen lassen. Es gibt ja auch Hochzeiten, wo in Tracht geheiratet wird, vor allem bei uns in Oberbayern, das wäre auf jeden Fall eine Möglichkeit. Man könnte vielleicht auch auf die Auer Dult so gehen.

SZ: Und damit einen neuen Trend einführen?

Beisser: So ist es: Ganz München geht nur noch in Tracht zu solchen Veranstaltungen.

SZ: Gilt ein Dirndl auch auf einer normalen Hochzeit als korrekte, festliche Kleidung?

Beisser: Es gibt durchaus festliche Dirndl und Trachtenanzüge, man sollte sich aber vorher kundig machen, wie sich das Brautpaar kleidet.

SZ: Kann man Dirndl- und Tracht-Elemente auch anders kombinieren?

Beisser: Ich denke schon. Das werden vor allem die jungen Leute tun, die ja anscheinend wieder mehr Wert auf Tradition legen und unbedingt, auch wenn sie nicht aus Bayern stammen, mit einem trachtigen Outfit auf die Wiesn gehen möchten. Ob teuer oder günstig gekauft oder vielleicht nur für das Oktoberfest geliehen, alles ist recht, Hauptsache richtig gestylt sein und dazugehören. Dass man die guten Stücke auch mal zweckentfremden kann und die Dirndlbluse für einen Discoabend zu einer Jeans oder einem Mini trägt, kann ich mir gut vorstellen. Mir kommen da auch noch weitere Ideen: Wie es die "Abi 2003"-Aufschriften auf T-Shirts gibt, könnten Dirndl mit "Wiesn 2003"-Stickereien versehen werden.

SZ: Und die Männer?

Beisser: Die gleichen Aufschriften können ja auch einen Männerrücken zieren. Die Lederhosen kann man auf jeden Fall auch in die Schule oder in der Arbeit tragen mit einem witzigen Pullover oder einem Adidas-Shirt oder auch mit den passenden Turnschuhen, die es heute ja in allen Variationen gibt. So kann man ein neues Styling draus machen. Das wird auf dem Schulhof bestimmt großen Anklang finden und vielleicht auch als Trend von anderen übernommen.

SZ: Hält die Tracht auch mehr Einzug in die Entwürfe Ihrer Schüler?

Beisser: Die haben ja oft bestimmte Vorgaben. Aber wenn sie die Wahl haben... Aus unserer Schule kommt ja etwa Lola Paltinger, die mit ihren wunderschönen, liebevollen Dirndlideen ihren Abschluss gemacht hat und die ja gerade während der Wiesnzeit überhäuft ist mit Arbeit. Sie hat sehr witzige, moderne Outfits gestaltet, die besonders bei den Prominenten auf der Wiesn sehr gut ankommen. Das zeigt ja: Wenn es richtig rüber kommt und richtig gestylt ist, kann ein junger Mensch mit Tracht auch etwas anfangen.

SZ: Wann werden Sie wieder Tracht tragen?

Beisser: Wenn ich zur Wiesn gehe. Also erst im nächsten Jahr.

© Interview: Claudia Wessel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: