Nach dem "Krampus-Überfall":Im Hasenbergl geht die Angst um

Die Situation im Stadtteil Hasenbergl bleibt angespannt. Nach Angaben der Polizei hat ein bewaffneter Mann eine Frau bedroht. Er vermutete in ihrer Wohnung irrtümlich die Familie des italienischen Buben, der am vergangenen Sonntag auf eine Schwangere eingeschlagen hatte.

Von Tanjev Schultz

"Die Täter werden nun allmählich die Opfer", sagt Polizeisprecher Peter Reichl. Die Streifen im Stadteil seien verstärkt worden; die Polizei wolle die Bewohner beruhigen. Nach dem vorläufigen Ermittlungsstand betrat ein etwa 25 bis 30 Jahre alter, türkischer Mann am Mittwoch gegen 19 Uhr das Jugendzentrum in der Wintersteinstraße und erkundigte sich nach der Familie des 16-Jährigen, der am Abend vor Nikolaus mit einer Rute auf eine Türkin losgegangen war.

Mit einer Waffe soll der Mann später einen Jugendlichen auf der Straße gezwungen haben, ihm die Adresse der Familie zu nennen. Die genannte Anschrift war jedoch falsch. Dem Täter soll dort eine 36 Jahre alte Deutsche die Tür geöffnet haben. Auch sie gab an, mit einer Waffe bedroht worden zu sein. Die Polizei geht von einer Schusswaffe aus; "ob sie scharf war, wissen wir nicht", sagte Polizeisprecher Reichl.

Der Täter soll geflüchtet sein, nachdem er feststellte, dass er sich nicht in der Wohnung der italienischen Familie befand. Er sei von kräftiger Statur gewesen, habe eine schwarze Lederjacke getragen. Ob es sich um eine Racheaktion handelte, ließ sich noch nicht eindeutig ermitteln.

"Die Jugendlichen waren alle sehr nervös"

Die Polizei war mit mehreren Fahrzeugen, der Kriminalpolizei und der Spurensicherung vor Ort. Um 23 Uhr fuhren noch immer zahlreiche Streifen umher, ein mit Beamten voll besetzter Einsatzwagen parkte in der Stösserstraße.

Das Jugendzentrum "Der Club" in der Wintersteinstraße, in dem der Täter zuerst aufgetaucht war, schloss zur Sicherheit bereits um 20 Uhr statt um 22 Uhr. "Die Jugendlichen waren alle sehr nervös", sagt der Sozialpädagoge Manfred Weigl, der an dem Abend im Jugendzentrum arbeitete.

Nach seinen Angaben war der den Mann, der sich im Jugendzentrum nach der Familie des Italieners erkundigte, leicht angetrunken. Er habe sich verdächtig verhalten; ob es sich aber um denselben Mann handelt, der später die Frau bedrohte, könne er nicht sagen. Auf den Straßen habe es noch ziemlich lange Tumult gegeben, seines Wissens jedoch keine Raufereien.

Konflikte zwischen Migrantengruppen befürchtet

Weigl fürchtet, dass es nach dem "Krampus-Überfall" auf die drei Türkinnen und einer etwaigen Racheaktion vermehrt Konflikte zwischen Migrantengruppen geben könnte. Er bereitet zurzeit das Musikprojekt "Ethnoline" vor, in dem Jugendliche unterschiedlicher Herkunft die Musik als gemeinsame Sprache entdecken sollen. "Es wird jetzt schwieriger, türkische Familien anzurpechen", sagt Weigl.

Auch der Leiter des Jugendzentrums, Achim Seipt, befürchtet eine Zunahme der Spannungen. Bisher habe es zwischen den verschiedenen Migranten im Viertel und in dem Jugendtreff kaum Konflikte gegeben. Vielmehr hätten viele Jugendliche nach seinen Beobachtungen eine beinahe "dörfliche Identität" gepflegt: "Die sagten: Wir sind Hasenbergler." Nun aber, fürchtet Seipt, könnten ethnische Konflikte in das Viertel hineingetragen werden.

Aus Angst vor weiterer Gewalt sagte das Jugendzentrum "Der Club" in der Wintersteinstraße eine für heute geplante Weihnachtsfeier ab. "Die Sorge ist da, dass der Konflikt weiter eskaliert. Da haben wir die Veranstaltung lieber abgeblasen", sagt Seipt. Es sei schade für die Kinder, die sich schon auf die Feier gefreut und Plätzchen gebacken hätten: "Die Enttäuschung war groß."

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