Nach dem Kita-Streik:"Das soll alles umsonst gewesen sein?"

Nach dem Kita-Streik: Streikhochburg München: Die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst wollen den Schlichterspruch nicht akzeptieren.

Streikhochburg München: Die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst wollen den Schlichterspruch nicht akzeptieren.

(Foto: Stephan Rumpf)

Nach dem wochenlangen Kita-Streik sind Münchner Erzieher besonders unzufrieden mit dem Schlichterspruch für ihre Gehälter. Vor allem Sozialpädagogen und Kinderpfleger ärgern sich: Für sie sind geringe oder gar keine Steigerungen vorgesehen

Von Florian Haenes und Melanie Staudinger

Siebzehn Tage lang streikten die Erzieher, Kinderpfleger, Sozialarbeiter und Heilpädagogen in München, einem der Schwerpunkte der Arbeitskämpfe. Zwei Drittel aller städtischen Kindertagesstätten blieben geschlossen, im Sozialreferat musste Personal umgeschichtet werden, um den Betrieb am Laufen zu halten. "Das soll alles umsonst gewesen sein?", fragt eine Kinderpflegerin auf Facebook. Denn nun sollen die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst abstimmen, ob sie mit gerade einmal im Schnitt 3,3 Prozent mehr Gehalt zufrieden sind oder sie den Arbeitskampf wieder aufnehmen wollen. Vor allem Sozialpädagogen und Kinderpfleger ärgern sich, weil in ihren Gehaltsstufen nur geringe bis gar keine Steigerungen vorgesehen sind.

Die Münchner geben sich daher kämpferisch. "Wir Sozialpädagogen sind weiter streikbereit, wir dürfen jetzt das Ziel nicht aus den Augen verlieren", sagt Philipp Heinze. Dieses Ziel hat Verdi deutlich formuliert: Der Sozial- und Erziehungsdienst soll generell aufgewertet werden - mit durchschnittlich zehn Prozent mehr Gehalt für alle. Sozialarbeiter aber, so sagt Heinze, bekämen dem Schlichterspruch zufolge teilweise gar keine Erhöhung. "Wir müssen schauen, dass der Unmut nicht in Frustration umschlägt", erklärt er. Unzufrieden sind auch die Kinderpflegerinnen, die bereits beim Münchner Verdi-Chef Heinrich Birner vorstellig wurden. "Sie würden zwar mehr Geld bekommen, blieben aber in der gleichen Gehaltsgruppe", sagt er. Unter einer Aufwertung stellten sie sich etwas anderes vor.

Birner wird viel Aufklärungsarbeit leisten müssen in den kommenden Wochen. Er will den Schlichterspruch mit möglichst vielen Mitgliedern diskutieren. Ein erstes Treffen dazu fand bereits am Donnerstag statt. "Wir wollen klären, welches Risiko die Beschäftigten bereit sind einzugehen", sagt Birner. Wird der Schlichterspruch abgelehnt, gehen die Verhandlungen von vorne los. Es könnte passieren, so sagt Birner, dass die Beschäftigten hinterher mit geringeren Lohnzuwächsen dastehen als jetzt. Zudem will der Münchner Verdi-Chef eruieren, ob es eine Mehrheit für weitere Streiks gibt. "Falls ja, müssen wir überlegen, wie wir diese führen wollen", erklärt er. Ungeklärt sei überdies, wie die Eltern eingebunden und bei der Stange gehalten werden sollen und wie innerhalb der vier Wochen, die die Mitgliederbefragung dauern wird, der Druck auf die Arbeitgeber noch einmal erhöht werden kann.

Was hingegen schon feststeht: Die Verdi-Mitglieder sollen nicht schriftlich befragt werden. "Wir wollen nicht, dass sie einfach nur ein Ja oder Nein ankreuzen, sondern intensiv mit ihnen über alle möglichen Folgen sprechen", sagt Birner. Für die Eltern bedeutet dies: Zumindest bis Mitte August stehen keine weiteren Streiks an.

Was danach kommt, kann er noch nicht einschätzen. Zu viele Fragen seien offen, sagt Birner. Ob die Eltern einen weiteren Streik allerdings mittragen werden, darf bezweifelt werden. Zu Beginn des letzten Ausstands stellten sich viele zunächst hinter Erzieher und Kinderpfleger sowie deren Forderungen. Doch die Solidarität schlug bei einigen in Verzweiflung und sogar Wut um. Weil es nur 1000 Härtefallplätze gab, mussten Väter und Mütter teilweise ihren gesamten Jahresurlaub aufbrauchen - weil sie keine andere Betreuung für ihre Kinder fanden.

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