Nach Begriffs-Debatte:Gemeinsamer Feind

Anti-Pegida Demonstration in München, 2015

Stellung beziehen: Münchner protestieren immer wieder gegen die Pegida-Bewegung, so wie hier am Platz der Opfer des Nationalsozialismus.

(Foto: Stephan Rumpf)

Bezirksausschüsse bleiben bei der Bezeichnung "Beauftragter gegen Rechtsextremismus". Die Forderung aus Pasing, die Stoßrichtung allgemeiner zu fassen, ist in fast allen Stadtviertelgremien abgelehnt worden

Von Berthold Neff

Vor fast fünf Jahren hat die Stadt in der Satzung für die 25 Bezirksausschüsse (BA) die "Beauftragten gegen Rechtsextremismus" verankert. Sie sollen demokratische Aktivitäten gegen rechtsextreme Umtriebe im Viertel unterstützen. Genau das werden sie aller Voraussicht nach auch weiterhin mit dieser Bezeichnung tun. Der Vorstoß des Stadtteil-Gremiums aus Pasing-Obermenzing, diese Position in "Beauftragte für Demokratie und gegen Extremismus" umzubenennen, stößt stadtweit auf wenig Gegenliebe. "Nahezu einstimmig" hätten sich die Bezirksausschüsse dafür ausgesprochen, an der bisherigen Bezeichnung festzuhalten, verlautete am Montag aus der Stadtverwaltung.

Außer den Pasingern verspürten offenbar nur die BA-Vertreter in Bogenhausen den Wunsch nach Veränderung. Dort wurde sogar beschlossen, die Position des Beauftragten gegen Rechtsextremismus ganz abzuschaffen. Der Beschluss erfolgte einstimmig, allerdings war die BA-Vorsitzende Angelika Pilz-Strasser (Grüne) bei dieser Sitzung nicht anwesend, die an dieser Position nicht rütteln will.

In der Bogenhauser Diskussion, die dem Votum zur Abschaffung des Beauftragten gegen Rechtsextremismus voranging, kamen auch aus der SPD kritische Stimmen. Der Rechtsextremismus-Beauftragte Martin Tscheu (SPD) sagte, diese Aufgabe sei "vom BA nicht zu leisten". Außerdem sei man bei der Arbeit in dieser Position von der Stadt nicht genügend geschützt. Deshalb solle man "überdenken, ob's das braucht". In anderen Bezirksausschüssen war es vor allem die CSU, die dafür plädierte, die Zuständigkeit dieses Beauftragten um den Begriff "Linksextremismus" zu erweitern. Thomas Schwed (CSU) hatte im BA Milbertshofen-Am Hart gefordert, ein solcher Beauftragter müsse auch die linksautonome Szene im Auge haben.

Von solchen Forderungen hält Ernst Dill (SPD), der im Sendlinger BA die Position des Rechtsextremismus-Beauftragten ausfüllt, herzlich wenig. "Mich ärgert eine solche resignative Haltung", sagte Dill am Montag zur SZ mit Blick auf die Bogenhauser Diskussion. Dill selbst sah sich durch sein Engagement in Sendling vielen Anfeindungen aus der rechten Szene ausgesetzt. Der Grund dafür war sein Protest dagegen, dass sich Pegida-Anhänger nach ihren Demos in einem italienischen Restaurant im Viertel trafen und dort auch viele Gäste vor den Kopf stießen. Dill sagte, er sei in seiner Arbeit von der Stadt gut unterstützt worden, es habe auch mit dem Rechtsschutz keine Probleme gegeben. Dill findet, dass man den Rechtsextremismus nicht dadurch relativieren solle, indem man ihn dem Linksextremismus gleichsetze oder aber nur generell von Extremismus spreche.

Miriam Heigl, Leiterin der direkt dem Oberbürgermeister unterstellten "Fachstelle für Demokratie - gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit", hat von Anfang an dafür plädiert, an der bisherigen Bezeichnung für die Beauftragten festzuhalten. "Eine Änderung des Titels und damit einhergehend auch des Arbeitsfokus der BA-Beauftragten ist fachlich nicht angezeigt und würde das Kommunale Netzwerk gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit existenziell beeinträchtigen", heißt es in ihrer Stellungnahme, die allen Bezirksausschüssen schon im November 2017, vor der Diskussion über die Forderung aus Pasing, zuging.

Gerade der aktuelle Zulauf für rechtspopulistische und rechtsextreme Positionen zeige, dass das Problem, dem sich die BA-Beauftragten stellten, "eine neue Dimension erfahren hat". Es sei "absolut dringlich, sich dieser verstärkten Resonanz für menschenfeindliche, rassistische und antisemitische Haltungen und Handlungen in der Mitte der Gesellschaft anzunehmen".

Im Gespräch mit der SZ zeigte sich Miriam Heigl erleichtert, dass diese "vorbildliche Arbeit, die von sehr engagierten Leuten geleistet wird", unter demselben Vorzeichen fortgeführt werden kann. Dieses kommunale Netzwerk sei inzwischen ein "Modell mit Vorbildcharakter" und müsse unbedingt weiter erfolgreich arbeiten. Wie schon in ihrer Stellungnahme verwies Heigl im Übrigen darauf, dass die BA-Beauftragten gegen Rechtsextremismus lediglich im präventiven und koordinierenden Bereich tätig sein sollten. Die Strafverfolgung der Täter sei selbstverständlich ausschließlich Sache der Polizei.

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