Nach Banküberfall in München:Profis mit der Pumpgun

1,5 Millionen Euro in 16 Jahren: Ein Brüderpaar soll zwölf Überfälle in Bayern begangen haben. Jetzt laufen die Ermittlungen wegen versuchten Mordes gegen die abgebrühten Serientäter.

Susi Wimmer

Die beiden Bankräuber, die am Donnerstagabend vor der Sparkasse in Kirchheim einen Polizisten angeschossen haben, sind vermutlich abgebrühte Serientäter: Die Polizei sieht starke Parallelen zu insgesamt zwölf Banküberfällen in München und Oberbayern, bei denen Räuber innerhalb von 16 Jahren rund 1,5 Millionen Euro erbeutet haben. Offenbar waren die beiden Brüder aus Österreich jahrelang in unregelmäßigen Abständen nach Bayern gereist, um hier, mit einer Pumpgun und Pistolen bewaffnet, Banken zu überfallen.

Was sich am Donnerstag gegen 18 Uhr vor der Kreissparkasse in Kirchheim an der Münchner Straße abgespielt hat, "war für die Polizisten eine absolute Ausnahmesituation", sagt Harald Pickert, Leiter des zuständigen Fachdezernats. Die Einschusslöcher an der Hauswand der Sparkasse, an dem Behelfscontainer vor der Filiale und am Briefkasten sprechen eine deutliche Sprache.

20 bis 30 Schüsse

Eine Kugel durchschlug die Frontscheibe der Bank, eine andere das Wegweiserschild zum EC-Automaten, eine weitere den Briefkasten. Etwa 20 bis 30 Schüsse feuerten die Bankräuber auf die beiden Streifenpolizisten der Inspektion Haar ab, die als erstes am Ort des Überfalls eingetroffen waren. "Mir fällt ein Stein vom Herzen, dass der 26-jährige Kollege, der von einer Kugel am Oberschenkel getroffen wurde, nach einigen Tagen das Krankenhaus wieder verlassen kann", sagte Polizei-Vizepräsident Robert Kopp.

"Es hat sich zuerst angehört, als ob Kinder eine Kette von Krachern angezündet hätten", erzählt ein Zeuge, der bei einer Versicherung in der Nachbarschaft arbeitet. Dann sah er zwei dunkle Gestalten hinter der Bank verschwinden: die beiden Brüder Hubert und Norbert G., 46 und 47 Jahre alt, die gerade die Bank überfallen hatten. Sie hatten fünf Kunden und drei Angestellte mit Pistolen der Kaliber 765 und neun Millimeter sowie einer Pumpgun bedroht und mehre Tausend Euro erbeutet.

"Er konnte nicht schießen"

Passanten und Nachbarn waren zu diesem Zeitpunkt schon auf die Bankräuber in dem Container aufmerksam geworden und hatten die Polizei alarmiert. Eine Streife der Inspektion Haar war als erste am Tatort und parkte direkt gegenüber vom Container an der Münchner Straße. Die Beamten mit schusssicheren Westen stiegen aus und näherten sich dem schmalen Weg zwischen Bankfiliale und Behelfscontainer.

In diesem Augenblick stürmten die maskierten Räuber aus dem Container und eröffneten sofort das Feuer. Ein Schuss traf den 26-jährigen Polizeiobermeister am Oberschenkel, dann standen die Beamten regelrecht im Kugelhagel. Etwa 20 bis 30 Schüsse feuerten die beiden Österreicher auf die Polizisten ab. Lediglich der 26-Jährige schaffte es noch, zurückzuschießen. Er traf einen der Räuber am Arm. Dann schleppte sich der Verletzte zum Streifenwagen und alarmierte die Zentrale. Sein Kollege war regelrecht handlungsunfähig: Denn in unmittelbarer Nähe zu den Bankräubern befand sich eine Frau mit Kinderwagen. "Er konnte nicht schießen", sagte Pickert.

Profis mit der Pumpgun

Zeugen sahen die Männer noch auf der Dorfstraße hinter der Bank verschwinden. Dort stiegen sie in einen grünen Renault Laguna und setzten sich sofort in Richtung Süden ab. Aufgrund der Zeugenhinweise hatte der Polizeihubschrauber das Fahrzeug rasch auf der Salzburger Autobahn ausgemacht. Eine Spezialeinheit wurde in Stellung gebracht und der Wagen mit den gestohlenen Kennzeichen in Haslach bei Traunstein gestoppt. Die Brüder ließen sich widerstandslos festnehmen. Im Auto stellte die Polizei die drei Waffen sowie die Tatbeute sicher. Anschließend wurden die Bankräuber in die Haftanstalt nach München gebracht. Bislang äußern sie sich nicht zu den Vorwürfen.

Kriterien für einen Mordversuch erfüllt

Die kriminelle Energie der beiden Österreicher sei "enorm", so Staatsanwalt Laurent Lafleur: "Sie haben sofort das Feuer eröffnet und gezielt geschossen", so dass man von einem absichtlichen Tötungsversuch ausgehen könne. Lafleur sieht bei beiden Räubern die Kriterien für einen Mordversuch erfüllt. "Zum einen wollten sie eine Straftat verdecken, zum anderen war Habgier ihr Handlungsmotiv, weil sie im Besitz der Beute bleiben wollten", erklärte Lafleur. Beide haben mit lebenslangen Freiheitsstrafen zu rechnen.

Die eher kleinwüchsigen Brüder stammen aus Kärnten in Österreich. Einer von ihnen lebte in Eugendorf in der Nähe von Salzburg, der andere in Grafenstein in Kärnten. Zu den Berufen der beiden konnte die Polizei keine Angaben machen. Sicher ist nur: Bislang ist nur einer von ihnen einmal in Österreich aufgefallen, weil er gegen das Waffenverbot verstoßen hatte. Ansonsten sind beide bei der Polizei unbeschriebene Blätter.

Das Ende der Serie

Kriminalrätin Silvia Staller allerdings glaubt nicht an das ruhige Vorleben der brutalen Täter: "Wir beschäftigen uns schon seit längerem mit einer Serie von Banküberfällen, die nun starke Parallelen zu dem Überfall der beiden Männer aufweist." Demzufolge könnten zwölf Banküberfälle im Kreis München und Oberbayern (siehe Kasten unten) auf das Konto der Österreicher gehen. Immer hatten die Täter eine Pumpgun dabei, und sie gingen mit einer Aggressivität vor, "die sich von Überfall zu Überfall steigerte", so Silvia Staller. Der brutale Raubzug in Kirchheim könnte nun das Ende der Serie bedeuten.

Kriminaldirektor Harald Pickert jedenfalls kann sich nur an einen einzigen Fall aus den vergangenen Jahren mit ähnlich gelagerter Brutalität erinnern: Am 22. Januar 1995 eröffnete ein bosnischer Tankstellenräuber in der U-Bahnstation Bonner Platz das Feuer auf einen Polizisten. Damals starb der 21-jährige Polizeimeister Markus Jobst.

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