Nach Auswärtsspiel:Bayern-Fans stellen Strafanzeige gegen spanische Polizei

Real Madrid CF v FC Bayern Muenchen - UEFA Champions League Quarter Final: Second Leg

In der Halbzeitpause des Champions-League-Spiels des FC Bayern München gegen Real Madrid stürmten spanische Polizisten den Gäste-Block.

(Foto: Matthias Hangst/Bongarts/Getty Images)
  • Am 18. April kam es beim Champions-League-Spiel des FC Bayern München gegen Real Madrid zu einem Gewaltexzess.
  • Ein spanisches Einsatzkommando der Polizei soll auf mehrere Fans eingeschlagen haben. Die Gründe sind unklar, spekuliert wird um illegale Banner und Symbole die angeblich gezeigt wurden.
  • Drei Geschädigte haben nun Strafanzeige gestellt, gegen die spanische Polizei und gegen die Verantwortlichen von Real Madrid.

Von Susi Wimmer

"Nimm die Hände hoch und schau, dass d' rauskommst!" Das war das Letzte, was Rainer Leonhardt seinem Sohn noch zubrüllen konnte. Dann rollte ein spanisches Einsatzkommando über die Fans im Bayernblock buchstäblich hinweg, wie er sich erinnert. Leonhardt sah seinen Sohn mit einer Platzwunde am Kopf, er selbst wurde von mehreren Schwarzgekleideten mit Schlagstöcken auf den Rücken geprügelt. So eine Brutalität wie beim Champions-League-Spiel des FC Bayern München gegen Real Madrid am 18. April in Spanien habe er "noch nie erlebt", sagt Leonhardt. Der Bayernfan setzt sich dafür ein, dass der Gewaltexzess ein Nachspiel haben wird: Der 54-Jährige hat mittels seines Anwalts Strafanzeige gegen die Verantwortlichen von Real Madrid und gegen die spanische Polizei erstattet.

Rainer Leonhardt ist beileibe nicht der einzige Bayernfan, der an jenem Abend geschockt und verletzt das Stadion in Madrid verließ. Neben seiner Strafanzeige wird Rechtsanwalt Marco Noli an diesem Dienstag zwei weitere einreichen. Ein anderes Opfer ist der 17-jährige Sohn des Deggendorfer Landrats Christian Bernreiter; hinzukommt ein Mann aus München, den die Schläge im Block ebenfalls unvermittelt erwischt hatten. "Völlig willkürlich und ohne rechtfertigenden Grund" habe die Polizei zugeschlagen, sagt Noli. Etwa 20 Bayernfans seien bei dem Angriff verletzt worden; Noli berichtet von Platzwunden, einem gebrochenen Finger, großflächigen Blutergüssen und einem Mann, der währenddessen einen Asthmaanfall erlitt. Bis zu neun Menschen wollten noch Anzeige gegen die spanische Polizei erstatten.

Leonhardt hat die Liebe zum FC Bayern wohl schon mit der Muttermilch aufgesogen. Seit der Kindheit ist er ein Roter, "ich war sicher schon 30-mal bei Champions-League-Reisen dabei", erzählt er. Er sei sicher kein Hardcore-Fan, "kein Extremer, mit Gewalt hab' ich gar nichts am Hut, ich bin ein ganz normaler Fan", versichert er. Wobei sein Umfeld doch nicht so alltäglich und Leonhardt eher ein Mann der sanften Töne ist: Der 54-Jährige ist Geigenbaumeister und führt einen international anerkannten Familienbetrieb in Mittenwald.

Der 18. April begann wie jeder andere Reisewahnsinnstag bei einem Champions-League-Auswärtsspiel: Um acht Uhr in den Flieger, kurzes Sightseeing in Madrid, und dann ab ins Estadio Santiago Bernabéu. Nach dem Spiel wollte Leonhardt, der mit Sohn und Tochter angereist war, gegen drei Uhr morgens wieder mit dem Flieger zurück, um am nächsten Morgen wieder arbeiten zu gehen. "In Spanien, da sind die Sicherheitsvorkehrungen einfach g'sponna", so drückt es Leonhardt aus. Die Fans würden behandelt "wie ein Stück Vieh", die Polizei rücke mit Bullterriern und Schäferhunden an, und man werde ohnehin dreimal gefilzt vor dem Einlass.

Die erste Hälfte verlief ruhig. Der Mittenwalder hielt sich mit seiner Tochter im Bayernblock auf und wollte in der Pause mal nach seinem Sohn Max schauen, der im Block nebenan stand. "Plötzlich stürmten Schwarzgekleidete in den Block, mit Helmen und Schlagstöcken, und fingen an zu prügeln", erzählt er. Max sei das Blut von der Schläfe geronnen, ihn selbst habe es am Rücken erwischt. "Diese Willkür", sagt er heute, habe ihn entsetzt. Die Schläge habe er gar nicht so wahrgenommen, "ich hatte nur Angst um meinen Sohn".

Warum die Polizei so hart eingegriffen hat, darüber wird viel spekuliert. Mal ist von einem Banner die Rede, das nicht genehmigt gewesen sein soll, mal von einem Banner mit einem Symbol, das an eine extremistische spanische Fan-Gruppierung erinnert haben soll. Leonhardt sagt: "Es war nichts, rein gar nichts! Kein Pyro, keine Aggression. Nichts." Das sagt er immer wieder, weil aus seiner Sicht der Angriff der Polizei willkürlich und aus heiterem Himmel kam.

Nach Auswärtsspiel: Der Geigenbauer Rainer Leonhardt berichtet, er sei auf den Rücken geschlagen worden und habe drei Wochen lang Schmerzen gehabt.

Der Geigenbauer Rainer Leonhardt berichtet, er sei auf den Rücken geschlagen worden und habe drei Wochen lang Schmerzen gehabt.

(Foto: Privat)

Rechtsanwalt Noli hat recherchiert, dass es im Bayernblock wohl ein Banner mit einem Piratenkopf gegeben hat und dass dieses bereits zur Halbzeit wieder abgenommen worden war. Dieses - und auch die Prügelattacke der Polizei - sei per Video dokumentiert, viele Fans hätten einfach ihre Smartphones nach oben gehalten und gefilmt. "Wir kennen die Rückennummern der Beamten, die den Sohn von Herrn Bernreiter angegriffen haben und wir kennen auch die Nummern der Polizisten, die Herrn Leonhardt geschlagen haben", sagt der Anwalt.

"So etwas darf nicht passieren", hatte Landrat Bernreiter kurz nach dem Vorfall gesagt. "Wir leben in einer EU, da gelten überall gleiche Standards für die Polizei." Da hat der CSU-Politiker allerdings nicht ganz recht: In Spanien könnten die Schläger identifiziert werden, da die Polizisten individuelle Rückennummern tragen. In Bayern ist das oft gefordert worden, die CSU aber hat dies bislang immer blockiert.

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