Mythen im Straßenverkehr:Was Radler wirklich dürfen

Musik hören? Und daneben den Hund an der Leine laufen lassen? Das darf ein Radfahrer nicht. Oder doch? Und droht ihm ein Führerscheinentzug, wenn er betrunken fährt? Die größten Mythen rund ums Radfahren - und was wirklich Pflicht ist.

Von Simon Schramm

Manchem Radfahrer dürfte diese Situation bekannt vorkommen: Trotz Radweg fährt er auf der Straße und wird von wütenden Autofahrern angehupt und durch das Fenster beschimpft: "Benutz' gefälligst den Radlweg!" Aber muss der Radler das überhaupt? Und muss er einen Helm tragen? Gilt der Zebrastreifen auch für Drahtesel?

Ein Überblick über Irrtümer rund ums Fahrradfahren.

Gismo fährt Huckepack

Ob das erlaubt ist? Ein Mann transportiert seinen Hund in Hannover.

(Foto: picture-alliance/ dpa)
  • Radfahrer müssen auf dem Radweg fahren

Grundsätzlich gehören Radfahrer auf die Straße. "Nur Radwege mit blauen Radwegschildern sind benutzungspflichtig", sagt Traudl Schröder vom Allgemeinen Deutscher Fahrrad-Club (ADFC) in München. Wenn kein blaues Schild vorhanden ist, kann der Radler zwischen Radweg oder Straße wählen.

  • Radfahrer dürfen nicht nebeneinander fahren

Laut Polizei stimmt das grundsätzlich. Es gibt dennoch drei Ausnahmen: in einer Fahrradstraße, also einer Straße, auf der die Radfahrer vor Autos und anderen Verkehrsteilnehmern Vorrang haben; als "geschlossener Verband" von mehr als 15 Radfahrern; und wenn das Nebeneinanderfahren den Straßenverkehr nicht behindert.

  • Fahrradfahrer dürfen den Zebrastreifen genauso wie Fußgänger nutzen

Das ist falsch. Das gleiche Recht auf dem Streifen hat der Radfahrer nur, wenn er absteigt und sein Gefährt schiebt. In diesem Fall hat er auch Vorrang vor Autos. Falls der Radler nicht schiebt, haben die Autos Vorfahrt.

  • Radfahrer dürfen auch auf der linken Seite fahren

"Für Radfahrer gilt das Rechtsfahrgebot", sagt Schröder. Das Geisterfahren mit dem Rad ist grundsätzlich verboten. Die Polizei weist darauf hin, dass der linke Radweg nur dann genutzt werden darf, wenn das Verkehrszeichen "Radfahrer frei" dies gestattet. Auch in Einbahnstraßen dürfen Radler nur fahren, wenn diese extra freigegeben sind.

  • Wenn keine Fahrradampel vorhanden ist, gilt die Fußgängerampel

Nein. Radfahrer müssen sich immer am allgemeinen Lichtsignal, also der Ampel für Autos, orientieren - außer eben, wenn eine eigene Fahrradampel oder im Licht der Fußgängerampel ein Radsymbol vorhanden ist. Einen Spezialfall aber gibt es: Wenn ein Radweg ohne jegliche Trennung an einem Gehweg entlang läuft und die Fußgängerampel ohne Radsymbol leuchtet, muss sich der Radler nach der Fußgängerampel richten. Diese Regelung gilt allerdings nur bis 31. Dezember 2016.

  • Fahrradfahrer müssen einen Helm tragen

Der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen: VI ZR 281/13) hat diesen Mythos erst vor kurzem richtig gestellt. Demnach trägt der Radfahrer nicht automatisch eine Mitschuld, wenn er ohne Helm gefahren ist. Er ist laut Straßenverkehrsordnung nicht gezwungen, einen Helm zu tragen. Die Polizei empfiehlt dennoch, mit Helm zu fahren, um schwere Kopf- und Schädelverletzungen zu vermeiden.

  • Beim Abbiegen reicht eine kurze Armbewegung

Jein. Der Arm muss nicht dauerhaft gestreckt sein, der Radfahrer sollte aber sicher sein, dass die anderen Verkehrsteilnehmer sein Zeichen gesehen haben. "Außerdem gilt die 'doppelte Rückschaupflicht'", sagt Schröder: "Umschauen vor dem Einordnen und noch einmal vor dem Abbiegen."

  • Radfahrer müssen bei jedem "Radfahrer absteigen"-Schild absteigen

​"Dieses Zusatzschild kann nicht zum Absteigen zwingen. Wenn es an einer Baustelle steht, die den Radweg versperrt, darf man trotzdem auf die Fahrbahn ausweichen", sagt Traudl Schröder.

Musikhören ist verboten, oder?

  • Fahrradfahrer müssen einen Dynamo am Rad haben

Der Radfahrer ist verpflichtet, sogenannte lichttechnische Einrichtungen anzubringen. Das heißt: Falls kein Dynamo vorhanden ist, können auch batterie- und akkubetriebene Lampen genutzt werden - vorgeschrieben ist hierbei, dass die Geräte eine Spannung von sechs Volt haben.

  • Musikhören ist verboten

Das Radeln mit Kopfhörern und ähnlichem ist erlaubt, solange das Gehör nicht wesentlich beeinträchtigt wird, sprich: die Musik nicht so laut gehört wird, dass Signale aus dem Straßenverkehr überhört werden.

  • Mit dem Handy am Ohr darf man auch fahren

Irrtum. "Das Gerät während der Fahrt in der Hand zu halten und zu benutzen, kostet Radfahrer ein Verwarnungsgeld von 25 Euro", sagt Traudl Schröder vom ADFC. Aber: Telefonieren mit Freisprecheinrichtung geht - wenn, wie beim Musikhören, das Gehör nicht zu stark beeinträchtigt ist. Verboten ist es übrigens auch, freihändig zu fahren.

  • Mit Hund an der Leine Fahrrad fahren, ist verboten

Im Gegenteil, die Straßenverkehrsordnung erlaubt das in Paragraf 28 ausdrücklich: "Von Fahrrädern aus dürfen nur Hunde geführt werden." Der Hund sollte aber "beherrschbar" sein, die Leine also fest im Griff und nicht zu lang.

  • Wer betrunken Fahrrad fährt, verliert seinen Führerschein

Nur dann, wenn er schon mehr als vier Punkte in der Flensburger Verkehrssünderkartei hat. Ab einem Wert von 1,6 Promille gilt ein Fahrradfahrer als fahruntauglich und begeht somit eine Straftat. Ihm drohen drei Punkte, eine Geldstrafe und eine "Medzinisch-Psychologische Untersuchung" (MPU). Wer den MPU-Test nicht besteht, verliert seinen Lappen. Darüber hinaus ist ein Promillewert von 0,3 relevant: Wenn ein Radfahrer auffällig fährt (zum Beispiel in Schlangenlinien) oder es zu einem Unfall kommt, droht ihm eine Strafanzeige.

  • Tempo 50 in der Stadt gilt auch für Radfahrer

Radfahrer sind von der zulässigen Höchstgeschwindigkeit für Autos nicht betroffen. Wenn eine solche jedoch durch Verkehrszeichen angeordnet ist, ist sie auch für das Fahrrad verpflichtend. Grundsätzlich sollten Radler ihre Geschwindigkeit dem Verkehrs- und Wetterverhältnissen und vor allem ihren persönlichen Fähigkeiten anpassen.

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