MVV-Reform:Neue Tickets, neue Tarife: So sieht die MVV-Reform aus

  • Die Fahrpreise im Münchner Verkehrs- und Tarifverbund werden in diesem Jahr nicht erhöht.
  • Ein Innenstadt-Ticket soll künftig die bisher vier gültigen Ringe im Zentrum ersetzen.
  • Die Preise für die Streifenkarten sollen stabil bleiben, der Rabatt gegenüber den Einzelfahrten soll wieder deutlicher zu spüren sein.

Von Heiner Effern

Die Fahrpreise im Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) werden in diesem Jahr nicht erhöht. Im Juni 2019 soll dann die schon lange angekündigte und verhandelte Reform des Tarifsystems kommen. Darauf einigten sich die bayerische Verkehrsministerin Ilse Aigner (CSU), Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und der Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß (CSU) als Vertreter der Gesellschafter. In München soll künftig ein Innenstadt-Ticket die bisher vier gültigen Ringe im Zentrum ersetzen. Diese Monatskarte soll nicht mehr als 60 Euro kosten. Zudem dürfen Schüler mit ihren Fahrkarten quer durch die Stadt fahren, Senioren ab 65 Jahre ihr Ticket auch schon vor neun Uhr morgens nutzen und viele Pendler in der Region sparen sich Kosten durch neue Tarifgrenzen.

Die Gesellschafterversammlung des MVV soll die Reform im Juli beschließen, der ursprüngliche Termin am 9. Mai war überraschend nochmals verschoben worden. Damit könnte nun eine Neuordnung der Tarife und Grenzen zum Abschluss kommen, die in etwa so flüssig lief wie der S-Bahnbetrieb nach einer Stellwerksstörung am Ostbahnhof. Insbesondere die Stadt hatte am Schluss für Stop-and-go gesorgt, weil OB Reiter und seine SPD die Preise für das neue Innenraumticket drücken wollten. Etwa 100 000 Münchner, die bisher mit zwei Ringen und etwa 55 Euro im Monat ausgekommen sind, hätten nach ursprünglicher Planung zehn Euro mehr bezahlen müssen. Das wollte Reiter angesichts der explodierenden Preise für Lebenshaltungskosten verhindern.

Wie viel genau das neue Ticket im Einzelverkauf kosten soll, blieb offen. Sollten es 60 Euro oder noch weniger sein, würde das offenbar mindestens 15 Millionen Euro kosten. Dies sollen nun die Stadt und die acht Landkreise nach einem Schlüssel aufbringen, der nicht vor der Mitgliederversammlung bekannt gegeben werden soll. Erst anhand der Preise wird zu erkennen sein, wer sich im finalen Gespräch zur Reform durchsetzen konnte. "Es gibt bei einer Reform immer Gewinner und Verlierer. Wichtig ist, dass wir einen guten Kompromiss gefunden haben, und keinen faulen", sagte Landrat Niedergesäß. Die Preise für die Streifenkarten sollen stabil bleiben, der Rabatt gegenüber den Einzelfahrten soll wieder deutlicher zu spüren sein.

Diesen zumindest nach Ansicht von Niedergesäß guten Kompromiss handelte er mit Verkehrsministerin Aigner und OB Reiter am Freitag in einem kurzfristig angesetzten Spitzengespräch aus. "Die Tarifstrukturreform ist ein wichtiger Baustein zur Attraktivitätssteigerung des Öffentlichen Nahverkehrs", erklärten die drei in einer Mitteilung zum "Durchbruch" im möglicherweise letzten Gespräch zur Tarifreform. Detailfragen zur Finanzierung seien gelöst worden. Da der übrige Text bis auf den Zeitplan weitgehend inhaltsfrei gehalten wurde, blieb nur noch eine, wenn auch für die Kunden sehr wichtige Nachricht: In diesem Jahr werden die MVV-Gesellschafter die Preise nicht erhöhen. "Wir wollen den Fahrgästen eine Verschnaufpause verschaffen", sagte Landrat Niedergesäß. Zum sogenannten kleinen Fahrplanwechsel im Juni 2019 würden dann die neuen Preise und Grenzen in Kraft treten. Wie hoch die dann endgültig sein werden, soll der MVV bis zur Gesellschafterversammlung im Juli berechnen.

Unter den Angeboten soll dann auch ein günstiges Sozialticket sein, hinter dem nicht nur die Stadt und der Landkreis München stehen. Die anderen sieben Landkreise im Umland werden sich nach aktueller Beschlusslage anschließen. Auch Schüler und Auszubildende sollen von der Reform profitieren: Bisher gilt ihr Ticket nur vom Wohnort bis zur Schule oder zum Ausbildungsort. Von 2019 an sollen sie in München im kompletten neuen Innenraum damit fahren können. Für das Seniorenticket soll die Altersgrenze auf 65 Jahre angehoben werden, bisher lag sie bei 60 Jahren. Dafür können die Berechtigten auch schon vor neun Uhr starten und Busse, S-Bahnen, U-Bahnen und Trambahnen nutzen.

Doch nicht nur die Münchner, auch die Pendler aus der Region sollen zumindest in Teilen von der Reform profitieren. So sollen bisher harte Grenzen in den Tarifen künftig wegfallen. Wer etwa momentan von Vaterstetten in die Innenstadt fährt, benötigt vier Streifen. Vom Nachbarbahnhof Haar sind es nur zwei. Um Bahnhöfen in der Region wie etwa in Dachau sollen großzügigere Gebiete entstehen, damit nicht noch für ein oder zwei Stationen mit dem Bus ein höherer Tarif fällig wird.

Die jetzt geplante Reform sei aber nur "ein Mosaikstein" für einen besseren öffentlichen Nahverkehr, sagt Landrat Niedergesäß. Der Freistaat würde mehr Geld in die Infrastruktur investieren, nicht nur in die zweite Stammstrecke, sondern auch auf Gleise an den Außenästen oder in die Technik. Doch schon vor dem aktuellen, offiziellen Reformbeschluss im Juli planen die Gesellschafter noch viel weiter in die Zukunft. Im kommenden Jahr soll ein Modellversuch starten, bei dem die Fahrgäste tatsächlich für die gefahrene Strecke bezahlen. Diese soll anhand eines elektronischen Tickets etwa auf dem Smartphone per GPS-Signal ermittelt werden.

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