Museum Brandhorst:Multimedialer Kurzschluss

Lesezeit: 1 min

Seth Price persifliert gerne die aktuelle visuelle Kultur, wie im Videostill "Industrial Synth" von 2000. (Foto: Seth Price)

In den USA ist Seth Price zum Aushängeschild für eine jüngere Künstlergeneration geworden ist, die sich mit der Digitalisierung beschäftigt. Jetzt widmet ihm das Museum Brandhorst eine Retrospektive.

Von Jürgen Moises

Vor zwei Jahren hat Seth Price ein Buch veröffentlicht, das den netten Titel "Fuck Seth Price" trägt. In einer Art Persiflage auf den klassischen Bildungsroman erzählt der Amerikaner darin von einem jungen Künstler, der versucht, in der heutigen Kunstwelt mit ihren Absurditäten, Albernheiten und Abgründen zu reüssieren. Was in dem Fall tödlich endet.

Prices Hauptfigur im Buch ist zwar fiktiv, hat aber stark autobiografische Züge. Denn Seth Price arbeitet sich seit einigen Jahren ebenfalls am Kunstmarkt ab, etwa indem er ihn mit dem Musik-, Mode- oder Literaturbetrieb und deren Produktions- und Vertriebsformen kurzschließt. Zu diesen zählt auch der Roman, und insofern ist "Fuck Seth Price" nur eine weitere seiner Eulenspiegeleien, mit denen er die aktuelle visuelle Kultur aufspießt.

Zu den anderen Varianten gehören Skulpturen, Filme, Fotografien, Zeichnungen, Malerei, Videos, Kleider und Textilien, Web-Design oder Musik. Mehr als 100 Beispiele dafür sind nun unter dem Titel "Seth Price - Social Synthetic" im Museum Brandhorst zu sehen.

Es ist die erste internationale Retrospektive des 1973 in Ostjerusalem geborenen Price, der in den USA zum Aushängeschild für eine jüngere Künstlergeneration geworden ist, die sich vor allem mit den Folgen der Digitalisierung beschäftigt. So greift etwa Prices Serie "Silhouettes" Internetbilder von menschlichen Gesten auf und seine 2016 und 2017 geschaffenen Leuchtkästen basieren auf fotografischen Studien menschlicher Haut, die sich auf kartografische Technologien der Firma Google stützen.

In der Serie "Bomber Jackets" wiederum macht Price die Geschichte der Bomberjacke zum Thema, die vom Militär bis hin zu diversen Subkulturen verschiedene gesellschaftliche Schichten übergreift. Als Mode gehören sie genauso wie die Kunst, Design oder Computerspiele, kommerzielle Logos, Verpackungen oder auch Müll zu den synthetischen sozialen Formen, mit denen wir uns in unserer globalen Welt tagtäglich umgeben. Inwiefern die Kunst da überhaupt noch eine Sonderstellung hat, ist bei Seth Price eine der entscheidenden Fragen.

Seth Price - Social Synthetic, Sa., 21. Okt., bis 8. April, Di. bis So., 10-18 Uhr, Museum Brandhorst, Sa., 21. Okt., 19 Uhr: Künstlergespräch mit Seth Price; 089/238052286

© SZ EXTRA vom 19.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: