Munich Re trickst bei Reservierungen:Dank Spesentour ins Wiesn-Zelt

Munich Re trickst bei Reservierungen: Die Wiesn-Wirte dürfen nicht mehr so, wie sie gern wollen.

Die Wiesn-Wirte dürfen nicht mehr so, wie sie gern wollen.

(Foto: Claus Schunk)

Die Wiesnwirte dürfen nicht mehr so viel reservieren, wie sie gerne möchten. Um bei den Tischbestellungen bevorzugt zu werden, weist die Munich Re ihre Mitarbeiter an, Geschäftsessen in Lokale von Festwirten zu verlegen.

Von Katja Riedel

Sepp Krätz hat nur Priorität C, ihm geht es so wie Michael Käfer, den Kufflers vom Weinzelt und Hans Stadtmüller von der Fischer Vroni. Ein Rating "AA", die Bestnote, hat der Vorstand des Konzerns Munich Re (MR) hingegen an Toni und Christl Roiderer und an Christian Schottenhamel verteilt. Auf einem ganz besonderen Papier.

Die Bewertungen, "Priorisierung 2013" genannt, sind so im Anhang einer internen Mail zu lesen. Diese hat der Vorstand des Versicherungskonzerns Ende Juli an leitende Münchner Angestellte versandt. Sie ordnet die Wiesnwirte und ihr gastronomisches Angebot auf dem Oktoberfest wie in der Stadt überhaupt in Güteklassen ein. Und das nicht ohne Grund. Die Stadt hatte auf Betreiben des Wirtschaftsreferenten und OB-Kandidaten Dieter Reiter (SPD) Ende vergangenen Jahres die Reservierungsregeln für die Wiesntische geändert.

Unter der Woche dürfen nun maximal 75 Prozent reserviert werden, am Wochenende nur die Hälfte der Tische vor 15 Uhr und 65 Prozent an den Abenden. Eine Regelung, die vor allem Unternehmen trifft, die das Fest gern nutzen, um Geschäftspartnern ihre jeweilige Hausmacht zu demonstrieren und so manchen Deal per Maßkrug und "Prosit der Gemütlichkeit" einzufädeln. Jetzt fürchtet mancher um die Zukunft jenes Geschäftsmodells, offenbar auch die Munich Re. 3500 Sitzplätze hätte man gern, in den vergangenen Jahren waren es jeweils knapp 3400, sagte eine Sprecherin. Schon 2012 seien es weniger gewesen als gewünscht.

Um im Verteilungskampf zu punkten, ist der Vorstand zu vollem Einsatz bereit: Genügend Wiesnreservierungen herzubringen, habe "hohe Priorität für die Geschäftsbereiche" und sei wichtig, um die Beziehungen zu den Geschäftspartnern stetig auszubauen und zu festigen, heißt es in der internen Mail. Darum solle man unterm Jahr "die Buchungen von Kundenbewirtungen, Mitarbeiterveranstaltungen, Weihnachtsessen etc. künftig mehrheitlich in die Gaststättenbetriebe der Wiesnwirte" verlegen. Dies sei ein "Versuch, die Verhandlungsposition der MR" bei der Platzvergabe zu stärken. Zum Schlachtplan gehört demnach, alle Rechnungen auf die Firma ausstellen zu lassen oder gleich mit der firmeneigenen Kreditkarte zu zahlen, damit Umsätze exakt zuzuordnen seien. Auf Nachfrage sagte die Sprecherin, es handle sich nur um eine Empfehlung. Man habe die rechtlichen Aspekte geprüft und warte ab, wie erfolgsversprechend dies sei.

Für Wirtesprecher Toni Roiderer sind derartige Klagen nichts Neues. Seine Mitarbeiter hätten alle Hände voll zu tun, die Anfragen der Firmen zu bearbeiten, die so viele Tische haben wollten wie im Vorjahr. "Vier Seiten habe ich letztes Jahr geschrieben und erklärt, dass die neuen Regeln den Familien nichts bringen, dafür aber die Firmen aussperren, die München repräsentieren und die Gewerbesteuern zahlen", schimpft Roiderer. Die Firmen, mit denen er und seine Wirtskollegen ihrerseits ein gutes Geschäft machen. Zwar könnten die Wirte aussuchen, wem sie ihre Tische geben - "aber was sollen wir machen, wir haben halt gut 75 000 Plätze weniger, eine ganze Kleinstadt". Bei der Stadt, so ein Sprecher, seien nur etwa 20 Beschwerden eingegangen, die Reiter persönlich beantwortet habe, darunter nur eine einer Firma.

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