Münchner Freiwilligenmesse:Miteinander und füreinander

Bei der Münchner Freiwilligenmesse am Sonntag im Gasteig stand das Engagement im eigenen Viertel im Vordergrund. Das Interesse war groß: Nicht nur Rentner wollen anderen Zeit schenken

Von Renate Winkler-Schlang

Sie sind der Kitt der Gesellschaft, ihr Engagement ist "unbezahlbar: So lobte Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) bei der bestens besuchten Freiwilligenmesse am Sonntag im Gasteig die mehr als 600 000 Münchner, die sich ehrenamtlich engagieren und anderen ihre Zeit schenken. Vertraut man einer Studie über den Sinn der stets im Januar stattfindenden Freiwilligemesse, werden es bald hunderte mehr sein, denn laut Strobl kommen zu dieser Plattform der Möglichkeiten bis zu 6000 Neugierige - und rund die Hälfte entscheidet sich hier für eine konkrete neue Aufgabe.

München: FREIWILLIGENMESSE / Gasteig

Sympathische Ansprechpartner, kompetenter Erfahrungsaustausch, professionell gestaltete Stellwände, Infoflyer zum Mitnehmen: Bei der Messe im Gasteig war alles geboten, was den zahlreichen hilfsbereiten und engagierten Münchnern die Entscheidung über ein künftiges Ehrenamt erleichtert.

(Foto: Johannes Simon)

Da lohne sich doch der Einsatz der Ehrenamtlichen von Föbe, der Förderstelle für Bürgerschaftliches Engagement, die diese Messe in ihrer Freizeit vorbereiten und erkennbar an ihrem gelben Buttons als Lotsen das Event im Gasteig organisieren. Einer, der von Anfang an dabei ist, ist Robert Unterweger, den Strobl daher mit der Medaille "München dankt" auszeichnete. Der freundliche Mann dankt ebenfalls - für den vielen Spaß, den ihm diese Aufgabe bereite. Ein anderer ist Josef Tress, er wurde von seiner Frau auf Föbe aufmerksam gemacht. Der Andrang der Initiativen und Vereine, die hier neue Helfer suchen wollen, sei groß, erzählt er, 80 sind da, diesmal habe Föbe zudem rund 60 weitere abweisen müssen. Föbe-Leiterin Gerlinde Wouters erzählt, dass sie in ihrer Freizeit einen jungen afghanischen Flüchtling betreut: Auch er sei an diesem Tag dabei, um zu helfen. So zieht eine gute Idee weite Kreise. Strobl betont, dass Ehrenamt Menschen zueinander bringt, die sonst vielleicht nie miteinander gesprochen hätten. Das halte das wachsende München zusammen. Dieses Mal liegt der Schwerpunkt der Messe auf dem Engagement im Stadtviertel. Im Gasteig sind die von Anfang an dicht umringten Infotische sortiert nach Bereichen wie Senioren oder Flüchtlinge, Umwelt, Sport. Doch Ehrenamtliche haben sich die Mühe gemacht, Listen zu erstellen, wer davon in welchem Viertel präsent ist. Ansonsten empfiehlt Wouters allen, die sich vor der eigenen Haustür einbringen wollen, die Nachbarschaftstreffs, Jugend-, Familien- und Alten- und Servicezentren und die Kulturhäuser, die es in fast jedem Viertel gibt, oder aber die Freiwilligenagenturen als erste Anlaufstelle, wo man wirklich individuell beraten werde.

München: FREIWILLIGENMESSE / Gasteig

Das junge Projekt Brot am Haken von Vincent Lang (links) und Michael Spitzenberger sorgt für Lebensmittel für Bedürftige.

(Foto: Johannes Simon)

Angelika und Werner Gässler sind ziemlich typisch für die Menschen, die hier Informationen sammeln. Die frühere Schulrektorin und der Vertriebs-Experte aus Untermenzing sind im Vorruhestand und haben Zeit. Die Idee des Oma-Opa-Service hat sie begeistert, denn da könne man auch zu zweit einspringen in einer Familie. Sie kann sich auch eine andere Arbeit mit Kindern vorstellen, ihm ist wichtig, bei etwaigen Einsätzen "mobil" zu sein, sei es als Fahrer für die Tafel oder von Senioren oder Behinderten, beim Roten Kreuz oder der Wasserwacht. Im Moment stehen sie interessiert bei den Aktiv-Senioren, die sich unter anderem bei der Beruforientierung von Mittelschülern hervortun.

München: FREIWILLIGENMESSE / Gasteig

Bedürftige brauchen Lebensmittel: Die Münchner Tafel sorgt dafür.

(Foto: Johannes Simon)

Doch es sind keineswegs nur Rentner, die ein sinnvolles Amt suchen. Die 30-jährige Olga Ulanovskaya aus Ramersdorf-Perlach hat ihren kleinen Sohn dabei und sucht, obwohl mit Arbeit und Familie gut ausgelastet, nach einer Einsatzmöglichkeit, bei der sie ihren Kleinen mitnehmen kann: Gartenpflege zum Beispiel? Neu in der Stadt ist der 36-jährige Sebastian Hopf aus Milbertshofen, Vollzeit-Beamter und dennoch bereit, Zeit zu opfern ohne Lohn. Er verschafft sich einen Überblick, schwankt noch zwischen Tierschutz und der Begleitung von Kranken und Behinderten zu Ärzten oder im Krankenhaus. Die 60-jährige Isolde aus Sendling hat sich schon entschieden, sie will Artenschutzbotschafterin im Tierpark werden, Christina Neuenhagen aus dem Team von 60 Ehrenamtlichen hat sie sofort überzeugt: "Das ist eine Bereicherung für einen selbst."

Überall werden in all dem Trubel intensive Gespräche geführt. Vincent Lang und Michael Spitzenberger von "Brot am Haken" suchen Mitstreiter für ihre Idee, dass reichere Leute eine Breze mitbezahlen für einen ärmeren, der sie dann so mitnehmen kann: Sie brauchen "Haken-Buddys". Uli Schmölz vom Rollstuhlbasketball sucht Begleiter, Kuchenbäcker, helfende Hände. Verlässlicher muss man sein bei Lacrima, den Gruppen für trauernde Kinder der Johanniter, belastbarer in den Hospizkreisen. Stricken können und Kommunikationsfreude reicht bei den Kulturverstrickungen. Es muss nicht jeder so viel Zeit und Energie mitbringen wie der Kabarettist Christian Springer, der auf der Bühne von seinen Orienthelfer-Einsätzen im Libanon erzählt. "Es ist ja kein Job", sagt etwa Karin Joelsen von den Demenzhelfern der Inneren Mission: "Alles ist freiwillig."

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