Münchner Stadtrat:Die SPD verspielt die Mehrheit

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Die rot-grüne Mehrheit im Münchner Rathaus ist dahin: SPD-Spitzenkandidat Dieter Reiter am Wahlabend. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Patron Ude ist weg, die Wähler strafen die Münchner SPD ab: Die Sozialdemokraten geben den Bürgern nicht das Gefühl, dass sie eine Perspektive haben oder gar Ideen für die Zukunft. Und schon ist die Mehrheit weg.

Ein Kommentar von Kassian Stroh

Abgewählt. 24 Jahre, nachdem das rot-grüne Bündnis aus der Taufe gehoben worden ist, ist es abgewählt worden. Gut, es gab eine Zwischenphase, in der es auf Stimmen der Rosa Liste, der ÖDP oder der Initiative David gegen Goliath angewiesen war. Aber zuletzt hatte die rot-grüne Rathauskoalition eine satte Mehrheit im Stadtrat. Die ist nun weg, und das ist ein Fanal.

Weniger, weil die Beteiligten so gerne betonten, dass sie hier in München das dienstälteste rot-grüne Bündnis der Republik bildeten. Zu groß sind die Unterschiede zwischen Kommunen und Ländern, als dass man daraus zu viel ablesen oder ableiten sollte. Doch beim Blick auf die spezifische Situation hier zeigt sich: Die Wähler halten dieses Bündnis, dem sie zuletzt eine so große Mehrheit gewährt hatten, für dringend überholungsbedürftig. Auch wegen der kleinen und großen Probleme, die es nicht in den Griff bekommen hat: das Klinikum, den Leerstand städtischer Wohnungen, die gammeligen Schultoiletten - alles Themen, die die Zuständigen im Rathaus allzu oft als angeblich marginal oder banal vom Tisch gewischt haben. Aber nicht nur deswegen.

Gewählt werden Parteien und Kandidaten nicht wegen ihrer Leistungen in der Vergangenheit, sondern für die Perspektiven, die sie aufmachen. Bemerkenswert ist doch, dass bei dieser Wahl die Grünen so zugelegt haben. Die also, die - abgesehen von kleinen Parteien und Gruppierungen - den großen Konsens-Wahlkampf der vergangenen Monate noch am ehesten mit eigenen, teils sehr pointierten Forderungen und Positionen aufgebrochen haben. Man denke nur an die Verkehrs- oder die Wohnungspolitik, wo ihre Spitzenkandidatin gefordert hat, langfristig ein Drittel aller Wohnungen in quasi öffentlichen Besitz zu bringen.

Die SPD hingegen hat in ihrer inhaltsleeren Kampagne den Wählern nicht das Gefühl vermittelt, dass sie eine Perspektive hat, eine Idee für die Zukunft, eine Antwort auf die Sorge vieler Münchner, dass sich ihre Stadt gerade nicht zu ihrem Vorteil entwickelt. Dieses Manko hat Christian Ude lange Jahre kaschiert. Nun ist der Patron weg, und die SPD bekommt die Rechnung serviert.

© SZ vom 19.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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