Münchner Stadtjugendamt warnt:"Harry Potter für Kinder zu brutal"

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"Düster, brutal, blutig" - das Münchner Stadtjugendamt hält das neue Harry-Potter-Buch für alles andere als pädagogisch wertvoll und noch nicht mal für ein Jugendbuch.

Von Anja Burkel

Am Samstag kommender Woche, kurz nach Mitternacht, wird der fünfte Band um den mittlerweile schon routinierten Zauberlehrling auf Deutsch ausgeliefert - ein Ereignis, das zahlreiche Münchner Buchhandlungen mit Lesungen, Hogwarts-Rätseln und Zaubershows feiern.

Potter-Post: Am 7. November liefern Postler in Potter-Kostümen das neue Buch aus - um Mitternacht. (Foto: Foto: obs/deutschepostworldnet)

Die Fachstelle Jugendschutz des Stadtjugendamtes hat "Harry Potter und der Orden des Phönix" schon mal Probe gelesen. Ihr Urteil beginnt gnädig: "Eine aufregende und gelungene Fortsetzung." Doch dann kommt der Schocker: "Für die Fachstelle Jugendschutz ist Harry Potter kein Kinderbuch."

Zum einen würden Kinder überfordert und verängstigt von der "Komplexität der Handlung, der ungeheuren Spannung und den teilweise sehr detailliert geschilderten Szenen von Verletzung und Gewalt".

Während die ersten zwei Bände "noch als nett" bezeichnet werden könnten, würden Harrys Erlebnisse "seit Band 3 immer bedrohlicher". Der 1000-seitige fünfte Band sei der "bislang schwierigste und anspruchvollste".

"Komplex und düster"

Er entwickle eine "komplexe und düstere Story, die die Leserinnen und Leser in eine Stimmung zwischen Angst und Wut entführt, und sich in teilweise sehr brutalen und blutigen Szenen auflöst".

Kinder, so die Jugendschutzstelle, "verfügen oft nicht über die erforderliche Medienkompetenz, solche Spannung auszuhalten oder ihre ,erlesenen' Sorgen und Ängste wieder loszuwerden".

Sie empfehle daher eine Lektüre je nach persönlicher Entwicklung erst ab zwölf Jahren. "Jüngere Leser sollten von den Eltern begleitet werden, zum Beispiel gemeinsam lesen und über die Inhalte sprechen."

Schon den zweiten Potter-Film, freigegeben ab sechs Jahren, fand Jugendschutz-Mitarbeiter Armin Anstett grenzwertig - "und in den Büchern werden grausame Szenen oft noch detaillierter beschrieben."

Verlag bleibt gelassen

Der Hamburger Carlsen-Verlag gibt sich gelassen ob der Warnung aus München. "Eltern sind immer gut beraten, sich für die Lektüre ihrer Kinder zu interessieren", erklärt Sprecherin Katrin Hogrebe.

Aus anderen Städten habe man derartige Meldungen aber bislang nicht vernommen. Bereits seit dem 25. Oktober hatte der Verlag bundesdeutschen Obdachlosenzeitschriften das erste Kapitel zum Vorabdruck überlassen.

Das Münchner Blatt "Biss" hatte allerdings davon keinen Gebrauch gemacht - "aus organisatorischen und terminlichen Gründen", wie die verantwortliche Redakteurin Eleni Adamidu erklärt.

Marianne Baier vom Münchner Lehrer- und Lehrerinnenverband würde der düsteren Empfehlung des Stadtjugendamts nicht ungeprüft nachkommen: "Ich möchte den Potter erstmal selbst lesen." Was sie Eltern und Lehrern vor einem Urteil auch empfiehlt.

Die Diskussion um Brutalität in Kindergeschichten flamme gerade in der Grundschule ohnehin immer wieder auf. Zum Beispiel bei klassischen Märchen wie dem vom scheintoten Schneewittchen oder der Hänsel-mästenden Hexe.

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