Münchner Songschreiber:Ein Fall für zwei

Dreimal auf die runden Hüften geklopft, mit dem Po gewackelt, den dicken Bauch gerieben: Mit einem Klingelton landeten die Münchner Marcello Pagin und Christian Büttner den Hit des Jahres in Frankreich. Nun arbeiten sie für Britney Spears.

Michael Bremmer

Mignon, das bedeutet so viel wie schnuckelig - und dementsprechend sehen die Tanzbewegungen aus: dreimal auf die runden Hüften geklopft, mit dem Po gewackelt, im Kreis gedreht, den dicken Bauch gerieben - und am Ende der Strophe ein Pups.

Münchner Songschreiber: "Wir arbeiten so hart an einer Sache, bis sie die Nummer eins ist." Marcello Pagin und Christian Büttner haben gelernt, dass man nur mit Fleiß im Musikgeschäft Erfolg haben kann. 2010 hatten sie den Hit des Jahres in Frankreich, 2011 stehen Veröffentlichungen in den USA an.

"Wir arbeiten so hart an einer Sache, bis sie die Nummer eins ist." Marcello Pagin und Christian Büttner haben gelernt, dass man nur mit Fleiß im Musikgeschäft Erfolg haben kann. 2010 hatten sie den Hit des Jahres in Frankreich, 2011 stehen Veröffentlichungen in den USA an.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

"Mignon Mignon", heißt der Hit, die erfolgreichste Single Frankreichs 2010 - produziert und geschrieben von zwei Münchnern, Marcello Pagin, 33, und Christian Büttner, 31 Jahre alt. 13 Wochen lang war der Song auf Platz eins der französischen Charts - eine Goldene Schallplatte hat es vergangene Woche dafür geben, für mehr als 150.000 verkaufte Exemplare.

Wer allerdings die wahre Begeisterung erkennen will, muss nur kurz ins Internet schauen. Auf der Video-Plattform YouTube ist der Videoclip zu "Mignon Mignon" bereits knapp 18 Millionen Mal angesehen worden - der erfolgreichste Clip der Sportfreunde Stiller liegt bei knapp 700.000 Aufrufen.

Gesungen wird der Hit von René La Taupe - René, der Maulwurf, eine Kunstfigur mit Fistelstimme und Überbiss. 2009 haben sie den Maulwurf entworfen - das heißt: den Charakter, die 3D-Animation, die Melodie, den Text und auch den Tanz. Was als lustiger Klingelton entwickelt wurde - wie auch Jahre zuvor der Crazy Frog oder etwa Schnuffel -, geriet in Frankreich zum Kassenschlager.

"Das Ding hat sich in Frankreich erzwungen", sagt Christian Büttner - er sagt das sehr ruhig, ein wenig geschäftsmäßig. Der Klingelton wurde die Nummer eins im digitalen Vertrieb - und das, obwohl es noch gar keine CD dazu gab. Das führte zu "heller Aufregung" bei ihrem Partner Fox Mobile - und zu Sonderschichten beim Produzenten-Team Famties, zu dem sich die beiden zusammengeschlossen haben.

Kennengelernt im Praktikum

Wenn Marcello Pagin und Christian Büttner über ihre Musik sprechen, fällt häufig das Wort Ehrgeiz. "Wir arbeiten so hart an einer Sache, bis sie die Nummer eins ist", sagt etwa Büttner. "Von Anfang an war es unser Traum, eine Pop-Nummer-1 zu machen", sagt auch Pagin, "daran haben wir verbissen gearbeitet, 16 Stunden am Tag." Überall, wo sie angefragt werden - ihr Equipment ist ihr Laptop, ihr Zuhause meist ein Hotel.

Beide haben, ein paar Jahre versetzt, eine Tontechniker-Ausbildung am SAE- Institut in München absolviert. Kennengelernt haben sie sich dann bei einem der vielen Praktika in Tonstudios und Produktionsfirmen, die sich an diese Ausbildung anschließen. Dort haben sie erfahren, wie anstrengend und zuweilen unglamourös das Musikgeschäft wirklich ist. Vor allem haben sie gelernt, "durchzuknechten", wie es Pagin ausdrückt. Und sie haben mitbekommen, dass man Tag und Nacht im Tonstudio arbeiten muss, um weiterzukommen.

"Es hilft nur 'abgeben und beten'"

2008 hat sich das Produzenten-Duo selbständig gemacht - und von Anfang an war den beiden klar, dass sie im Bereich der Popmusik Fuß fassen wollen, dass sie sich, um Erfolg zu haben, auf den US-amerikanischen Markt konzentrieren müssen: "Es gibt hier in Deutschland nicht mehr so viele Künstler, die noch richtig Platten verkaufen", sagt Christian Büttner. Und die, die es gebe, "die machen ihr Ding alleine." Sie haben einzelne Tracks für die Casting-Band Monrose geschrieben und produziert - aber Popstars bleiben heute nicht immer allzu lange auf dem Markt.

Doch auch in den USA wartet man nicht unbedingt auf deutsche Chartbreaker - so gut ist der Ruf deutscher Musiker auch wieder nicht. "Um stark zu sein, muss man Sachen machen, die hier in Deutschland echt sind", sagt Büttner - und nicht versuchen, die Popmusik der USA zu imitieren, die sehr urban, sehr stark vom Hip-Hop geprägt ist. Und international anerkannt ist eben elektronische Club-Musik aus Deutschland.

Von Anfang an suchten die beiden die Nähe zur DJ-Szene - so kamen ihre Songs gleich in die Clubs, und das weltweit, weil Münchner DJs überall gebucht werden. Der Vorteil: Marcello Pagin und Christian Büttner konnten gleich erkennen, ob ein Song stark genug ist für den Markt - und haben sich dadurch das lästige Warten auf Zusagen von Plattenfirmen gespart. Zudem öffnete eine dieser Club-Nummern die Tür zum US-amerikanischen Markt.

Im Club richtet die Meute, zuvor im Tonstudio sind sie auf sich alleine gestellt und müssen sich auf ihre jeweiligen Stärken konzentrieren. Pagin urteilt intuitiv über einen neuen Song, Büttner geht analytisch und musiktheoretisch ans Werk. Pagin ist der Wilde, rein optisch auch mit Strubbelfrisur, Palästinensertuch und einem Holzfällerhemd, das aus der Hose hängt. Büttner wiederum wirkt gesetzter, mit kurzem Haar, weißem Shirt, Sakko und Lederschuhen. Abgeklärt redet er beim Interview, während sein Partner am Anfang des Gesprächs im Café Glockenbach nervös mit den Beinen wackelt und erst nach und nach gelassener wird.

Marcello Pagin und Christian Büttner sind gerade aus Los Angeles zurückgekommen, haben dort für die wichtigsten Plattenfirmen der USA gearbeitet: Atlantic Records, Def Jam Records, Capitol EMI und viele andere. Zuvor waren sie eine Woche lang in Texas in einem Songwriter-Camp, bei dem die Besten der US-Musikbranche Lieder für Britney Spears entwickelten. Direkt von deren Managerin sind die beiden eingeladen worden - als einzige der Gruppe, die noch keine Nummer eins in den USA hatten. Jeden Tag haben sie an diesen Tracks gearbeitet, an fünf Songs für die Popsängerin, die in weniger als zehn Jahren mehr als 83 Millionen Alben verkaufte.

Dementsprechend groß sind die Erwartungen, dementsprechend hoch ist der Aufwand, dementsprechend gering sind die Chancen, dass einer ihrer Songs auch auf dem Album landen wird - aber immerhin waren ja Kost und Logis in dem Luxusanwesen frei. 2011 werden sie aber auch so in den USA mächtig von sich reden machen - auf allen namhaften Plattenfirmen dort stehen Veröffentlichungen an, sagen sie, doch im Detail wollen Marcello Pagin und Christian Büttner darüber nicht reden - zu oft werden dort noch in letzter Sekunde Tracks von einem Album geschmissen.

Vielleicht bekommen sie zudem ja doch die Chance, Britney Spears zum Tanzen zu bringen. Aber da hilft nur "abgeben und beten", sagt Büttner. Und Geduld, denn solche Entscheidungen können dauern. Bis dahin wollen sie auch noch ein wenig mit dem Maulwurf verdienen - die behaarte Version von DJ Ötzi soll auch auf den deutschen Markt.

Hört man die leichte, kindliche Reggae-Melodie mit Schunkel-Faktor, könnte das Ganze auch das Zeug zum Wiesn-Hit 2011 haben: Dreimal auf die runden Hüften geklopft, mit dem Po gewackelt, im Kreis gedreht, den dicken Bauch gerieben - und am Ende der Strophe... Was ein kleiner dicker Maulwurf kann, können bestimmt auch biertrinkende Münchner auf dem Oktoberfest.

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