Münchner S-Bahn:Der Erste und der Letzte

Am Wochenende rückt der allererste Münchner S-Bahn-Zug zu seiner vorerst letzten Fahrt aus. Was danach mit ihm passiert, ist unklar.

Dominik Hutter

Ein letztes Mal noch: das charakteristische Heulen der Motoren beim Anfahren, der Blick ins quietschgrüne Führerhaus, die weiß-orangefarbene Lackierung im Stil einer längst vergangenen Zeit und natürlich die sogenannten Taschenschiebetüren, die in den Wintermonaten der 1970er Jahre immer wieder zufroren.

Am Sonntag rückt ET420 001, der allererste Münchner S-Bahn-Zug, zu seiner Abschiedstour aus. Wie es danach weitergeht mit dem Veteranen, den der frühere Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel 1969 auf Premierenfahrt geschickt hatte, ist ungewiss.

Denn am Donnerstag kommender Woche läuft die Frist der Hauptuntersuchung aus - im Autofahrerjargon würde man sagen: Der Tüv ist fällig. Und bislang ist niemand bereit, den sechsstelligen Betrag für die "neue Plakette" aufzubringen.

Von Verschrottung will bei der Deutschen Bahn bisher niemand sprechen. Immerhin wurde das Vorserienmodell, mit dem in München das S-Bahn-Zeitalter eingeläutet wurde, vor einigen Jahren restauriert.

Allerdings darf ein Zug ohne Hauptuntersuchung nicht mehr auf dem Schienennetz bewegt werden - ET420001 würde dann wohl entweder auf einem Abstellgleis vor sich hin dümpeln oder aber einem Museum übergeben werden.

Beides bedeutete das Ende der beliebten Sonderfahrten, die von der privaten "Interessengemeinschaft S-Bahn München" angeboten werden. "Bisher ist keine Entscheidung gefallen", erklärt eine Bahnsprecherin.

Die Züge des Typs ET420, die sogenannten "Olympia-S-Bahnen", waren mehr als 30 Jahre im Münchner Netz unterwegs, in der Anfangszeit noch mit Raucherabteilen und Erster Klasse. Sie absolvierten 1969 die ersten Testfahrten, bestritten am 28. April 1972 die offizielle Eröffnung des Münchner S-Bahn-Netzes und waren bis Dezember 2004 im Einsatz.

Unter Eisenbahn-Freaks ist der ET420 legendär geworden. Der für München entwickelte Zug wurde später auch für die neuen S-Bahnnetze in Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf bestellt, wo er teilweise noch heute im Einsatz ist. München besaß 211 Exemplare dieses Typs, der bei den Lokführern wegen seiner Spurtstärke beliebt war.

ET420 001 hat immerhin zwölf Elektromotoren mit insgesamt 3250 PS und schafft es in 43Sekunden von null auf 120 - ein echter Rennwagen auf Schienen also. ET420002, das zweite Vorserienmodell, ist übrigens ebenfalls noch in München: im Verkehrszentrum des Deutschen Museums.

Restkarten für die Abschiedstour nach Rosenheim und Holzkirchen gibt es unter www.s-bahn-muenchen.de oder www.igsbahn-muenchen.de.

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