Münchner Regisseure in Hollywood:Ist billig und schaut gut aus

In den Kinos ist gerade Marco Kreuzpaintners "Trade" angelaufen, der von Roland Emmerich produziert wurde. In jüngster Zeit machen immer mehr Münchner Regisseure in Hollywood Karriere.

Josef Grübl

Noch vor wenigen Jahren wäre ein Artikel über deutsche Regisseure in Hollywood recht übersichtlich ausgefallen, schließlich beschränkte sich das Ganze auf ziemlich genau zwei Namen: Wolfgang Petersen und Roland Emmerich. Die beiden Deutschen drehten in den letzten zwei Jahrzehnten Blockbuster mit viel Wumms, für mehr Regisseure aus Deutschland blieb kein Platz.

Münchner Regisseure in Hollywood: Alicja Bachleda als Veronica in dem Drama "Trade - Willkommen in Amerika" von Marco Kreuzpaintner.

Alicja Bachleda als Veronica in dem Drama "Trade - Willkommen in Amerika" von Marco Kreuzpaintner.

(Foto: Foto: ddp)

Das hat sich in letzter Zeit geändert: Allein in diesem Jahr liefen drei große Hollywood-Produktionen von deutschen Filmemachern weltweit in den Kinos - neben Oliver Hirschbiegels "Invasion" waren dies ,,Pathfinder'' von Marcus Nispel und "The Hills Have Eyes 2" von Martin Weisz. Jetzt kamen die US-Debüts von zwei Münchner Regisseuren auf die große Leinwand: Marco Kreuzpaintners "Trade - Willkommen in Amerika" und Mennan Yapos "Die Vorahnung".

Dem Erstgenannten gelang der Karrieresprung mit Hilfe von Roland Emmerich: Dieser sah bei einem München-Besuch Kreuzpaintners letzten Film "Sommersturm" und war so angetan davon, dass er den Jungregisseur zu sich nach Los Angeles einlud. "Roland gab mir einen Stapel Drehbücher zu lesen", erinnert sich Marco Kreuzpaintner beim Gespräch in einem Schwabinger Café, "eines davon beruhte auf einem Artikel aus dem New York Times Magazine und hatte einen so starken gesellschaftspolitischen Hintergrund, dass ich es sofort inszenieren wollte."

So kam es zu dem Mädchenhandel-Drama "Trade - Willkommen in Amerika", das dieses Jahr auf dem renommierten Sundance Festival Premiere feierte und seit gestern in den deutschen Kinos zu sehen ist.

Bereits vergangene Woche angelaufen ist Mennan Yapos "Die Vorahnung" mit Hollywoodstar Sandra Bullock in der Hauptrolle. Der Film, ein mysteriöser Thriller über eine Frau, die den Tod des eigenen Manns voraussieht, lief bereits erfolgreich in Amerika und lockte auch in Deutschland am ersten Wochenende etwa 70.000 Besucher in die Kinos.

Für den in München geborenen Sohn türkischer Eltern ist das erst der zweite Spielfilm, zuvor arbeitete er im Marketing von Filmverleihfirmen. Wie er es nach Hollywood geschafft hat, erzählt der 41-Jährige im Interview: "Im Jahr 2000 wurde mein Kurzfilm 'Framed' in Palm Springs auf einem Festival gezeigt, dort hat ihn ein Hollywood-Agent gesehen. Er meinte: 'Ich habe deinen Film zwar nicht verstanden, finde es aber toll, was du machst.'"

Man blieb in Kontakt, und Yapo bereitete in der Heimat sein Langfilm-Debüt vor. "Lautlos", ein Film über Auftragskiller, kam im Frühjahr 2004 in die deutschen Kinos; zur selben Zeit schickte der Regisseur eine untertitelte Kopie an den US-Agenten. Der war begeistert, da war es auch egal, dass "Lautlos" in den heimischen Kinos floppte.

Ist billig und schaut gut aus

Auch Kreuzpaintners bisherige Filme kamen beim Publikum nur mäßig an, die bewährte Erfolgsformel "Ein Hit in der Heimat ebnet den Weg nach Hollywood" scheint so nicht mehr zu gelten. Zumal ungleich erfolgreichere Regisseure wie Sönke Wortmann oder Katja von Garnier - beide begannen ihre Karrieren in München und träumten von internationalen Projekten - jahrelang um ihre US-Debüts kämpfen mussten.

Das hat den Filmen nicht gut getan, sie gingen an der Kinokasse sang- und klanglos unter. Soweit kam es für Oscar-Preisträgerin Caroline Link erst gar nicht: Ihr Hollywood-Traumprojekt wurde immer wieder verschoben, irgendwann entschieden sich die Produzenten für einen anderen Regisseur. "Wenn ich einen Film in Amerika hätte machen wollen, dann hätte ich vor Ort sein müssen", erzählt Link. "So aber ist nichts daraus geworden."

Mennan Yapo machte dagegen die sogenannte Ochsentour, klapperte in Los Angeles sämtliche Studios und Produzenten ab. "Das waren so etwa 120 bis 130 Termine", erzählt der Regisseur, danach bekam er einige Angebote für Filme über Auftragskiller. Die lehnte er trotz Jobflaute in der Heimat ab, wusste er doch, dass alles von seinem Hollywood-Debüt abhängig sein würde - da hätte er sich mit einem weiteren Killer-Film keinen Gefallen getan.

Den Grund für das rege Interesse der Amerikaner an dem relativ unerfahrenen Münchner Regisseur kennt dieser auch: "'Lautlos' hat umgerechnet drei Millionen Dollar gekostet. Da haben sich die Produzenten gedacht: 'Wow, der sieht aber aus wie ein 20-Millionen-Film. Wenn wir dir jetzt 20 Millionen geben, kannst du uns dann einen Film machen, der wie 60 Millionen aussieht?'"

Auf diese Weise schaffte schon Roland Emmerich seinen Durchbruch - die Deutschen haben in Hollywood den Ruf, aus wenig viel zu machen. Auch ihr realistischer Inszenierungsstil und die Art, bewährte Erzählmuster zu hinterfragen, ist gefragt. Mit den Produktionsbedingungen kommen die Film-Exilanten jedoch nicht immer zurecht: Kreative Entscheidungen werden oft von den Studios oder den Stars getroffen, unbequeme Regisseure wie zuletzt Oliver Hirschbiegel werden schon mal vor die Tür gesetzt.

Die beiden Münchner US-Debütanten hatten Glück, sie durften ihre Filme so machen, wie sie ihnen vorschwebten. Das liegt daran, dass diese mit zwölf und 20 Millionen Dollar verhältnismäßig niedrig budgetiert waren. "Es gibt diese magische Grenze von 25 bis 30 Millionen Dollar", weiß Yapo. "Darüber wird es schwierig. Dann stellt die Produktion Leute auf einen ab, und der Druck vom Studio wird enorm."

Trotz der nicht immer einfachen Arbeitsbedingungen wollen beide auch in Zukunft amerikanische Filme machen, den Kontakt in die Heimat aber nicht abreißen lassen. Kreuzpaintner, der gerade seinen nächsten Film, die deutsche Großproduktion "Krabat" abgedreht hat, wird dafür nächstes Jahr nach Los Angeles ziehen. Sein Kollege Yapo dagegen will weiterhin in Deutschland leben. Den Vertrag für seine nächste US-Produktion hat er schon unterschrieben, "The Ambassador" soll größtenteils in Berlin realisiert werden. Für den Regisseur ein Glücksfall: "Das ist fast so, als ob man sich Hollywood nach Hause holt."

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