Kritik:Steinig bis fließend

Die Münchner Philharmoniker unter Semyon Bychkov mit der Uraufführung von Julian Andersons "Prague Panoramas" in der Isarphilharmonie.

Von Andreas Pernpeintner, München

Beim Konzert der Münchner Philharmoniker unter der Leitung von Semyon Bychkov in der Isarphilharmonie gibt es die Uraufführung von Julian Andersons Zweiter Symphonie "Prague Panoramas" (von Fotografien inspiriert) zu erleben, einem Auftragswerk unter anderem der Philharmoniker. Der Komponist gibt hierzu eine launige Konzerteinführung: Der erste Satz repräsentiere vor allem die Steine der Karlsbrücke, der zweite Satz das Wasser der Moldau, trotzdem handle es sich nicht um Programmmusik. Assoziativ beginnt diese programmatische Nicht-Programmmusik trotzdem. Deutlich kann man im zerklüfteten Beginn große Steinquader erkennen. Herrlich gluckert am Anfang des zweiten Satzes die Moldau, wie es Smetana auch nicht plastischer hinbekommen hat.

Die Entwicklung im weiteren Verlauf ist meistens ein fließender Veränderungsprozess lebendiger Klangbilder. Klar erkennbare Melodik (den St.-Wenzels-Choral als Thema) hat Anderson eher sparsam untergebracht. Vor allem in den Streichern gibt es sie aber, und so rundet sich dieses Werk, von den Philharmonikern blitzsauber gespielt, sehr schön. Damit endet eine erste Konzerthälfte, die mit dem markant an- und abschwellenden großen Spannungsbogen von Miloslav Kabeláčs Passacaglia "Mysterium času" wohlklingend begann.

Mit tschechischer Musik geht es nach der Pause weiter - wobei es ja Ziel von Antonín Dvořák war, mit seiner Symphonie "Aus der Neuen Welt" eine amerikanische "Nationalmusik" zu erschaffen. Mit dem tatsächlichen oder vermeintlichen musikalischen Lokal- oder gar Nationalkolorit ist das so eine Sache. Trotzdem ist durch Dvořáks feines Ohr für Melodien, die ihm in Amerika begegneten, eines der populärsten symphonischen Werke entstanden. Schön ist, wie Bychkov und die Philharmoniker bei aller Prägnanz eine ausgesprochen freundliche Grundhaltung einnehmen und auf manche rhythmische Härte verzichten. So klingt die Symphonie elegant und im friedlichen Largo (nicht nur hier spielen die Bläser vorzüglich) besonders zart.

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