München:Eisstockschießen auf dem Viktualienmarkt

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Bisher kamen vor allem Grantler und Touristen hierher - künftig wird der Viktualienmarkt auch ein Mekka für Wintersportler. (Foto: Stephan Rumpf)

Die zwei Bahnen werden derzeit für die Stockschützen aufgebaut. Woher die Idee kommt? Das muss eine direkte Auswirkung des Klimawandels sein.

Glosse von Wolfgang Görl

Auf dem Viktualienmarkt bauen sie gerade zwei Eisbahnen für die Stockschützen auf, in enger Nachbarschaft zur Nordsee-Fischhalle. Es wurde auch höchste Zeit, den dahindümpelnden Gemüsemarkt mit einem coolen Trendsport wie Icestickshooting aufzupeppen. Die einzigen Eingeborenen, die den Viktualienmarkt heutzutage noch aufsuchen, sind ein paar Berufsgrantler aus dem Stammtischmilieu, und die gehen nur hin, um sich über die exorbitanten Trüffelpreise aufzuregen und darüber, dass die Standlfrauen auch nicht mehr so herzerfrischend unverschämt sind wie früher.

Ansonsten sieht man nur Touristen, vor allem chinesische, deren Reiseführer den Viktualienmarkt als einen alten Wallfahrtsort schildern, an dem die Statuen von Karl Valentin, Liesl Karlstadt und anderen bayerischen Herzögen und Herzoginnen verehrt werden. Und natürlich ist niemand da, der diese Fake-News berichtigen und den Chinesen reinen Wein einschenken würde: Dass nämlich der Viktualienmarkt im 18. Jahrhundert von der CSU gegründet wurde, um dem damals grassierenden Online-Handel mit Lebensmitteln einen Riegel vorzuschieben.

Nun also kann man in dem Budendorf, das eine klügere Stadtverwaltung längst einem Investor zur Bebauung mit Luxuswohnungen überlassen hätte, Eisstockschießen. Dies ist eine unmittelbare Reaktion auf den Klimawandel, denn in Zeiten, in denen es noch richtige Winter gab, schwang der Münchner seinen Eisstock auf dem eigens dafür zugefrorenen Nymphenburger Kanal.

Besonders beliebt waren Schützenturniere in bitterkalten Nächten, die den Sportlern einen prima Vorwand lieferten, sich mit Schnaps und Glühwein ohne Obergrenze aufzuwärmen. Mittlerweile ist der Kanal auch im Winter so warm, dass dort Flamingos tropische Zierfische jagen, weshalb eine Kunsteisbahn auf dem Viktualienmarkt das Gebot der Stunde ist. Schnaps und Glühwein gibt es genug, und falls die Stockschützen ausbleiben, kann die Nordsee-Halle auf dem Eis wenigstens ihre Fische auslegen.

© SZ vom 20.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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