Es gibt ja viele Dinge, und oft sind es kleine, die sich zwischen den bemühten Pendler und sein pünktliches Eintreffen im Büro drängen. Eine festgefrorene Weiche, eine kaputte Ampel oder ein Junge, der nur helfen wollte. Der einer Frau das Gepäck in die S-Bahn getragen hat. Die ist noch mal ausgestiegen, der Zug abgefahren, und ihre drei Koffer stehen da jetzt. Drei große Koffer, wie für einen langen Urlaub, stehen da jetzt mitten im Fahrradkinderwagenrollstuhlabteil, mitten in einem vollen Pendlerzug, mitten im Morgenstau auf der Stammstrecke. Daneben: Der Junge, der nur helfen wollte, und drei Kontrolleure in Zivil, die nur Fahrscheine sehen wollten und die jetzt helfen sollen.
"Was ist, wenn da eine Bombe drin ist?", fragt der Erste. "Schon komisch", analysiert der Zweite, "dass diese Frau einfach wieder ausgestiegen ist". Der Junge schaut verzweifelt. "Hier ist eine Nummer drauf", sagt der erste Kontrolleur und zieht am Kofferanhänger, "ausländisch, glaub ich." Die drei beraten sich und klingen, als hätten sie ein Kampfmittelräumseminar belegt. Was tun? Die Leitstelle informieren, den Zug evakuieren, die Stammstrecke sperren lassen? "Krass, wenn da wirklich eine Bombe..." Die Fahrgäste im Abteil werden unruhig. Stammstreckensperrung, das heißt: Termine absagen, zu spät kommen, später Feierabend machen, die Verabredung zum Squash verpassen. Vielleicht gleich anrufen und absagen?
Man wünscht sich, die Kontrolleure würden sich als Superhelden entpuppen, würden sich jeder mutig einen Koffer schnappen und ins Freie befördern. Auch wenn da weder ein Teich ist, wo sie gefahrlos explodieren könnten, noch der echte Kampfmittelräumdienst. Bitte, nur eine kleine Heldentat - doch die drei debattieren weiter, vier Stationen lang. So lange bangen die Passagiere, dann gehen die Türen auf, die Kontrolleure schnappen sich die drei Koffer, verlassen das Abteil. Zurückbleiben bitte! Die Bahn rollt weiter. Superhelden.