Münchner Momente:Sex-Shop am Viktualienmarkt

Lesezeit: 1 min

Am Viktualienmarkt eröffnet im Herbst ein Sex-Shop. Künftig gibt es also Dildos und Kondome dort zu kaufen, wo sie einem in der Nachbarschaft Gurken und Bananen in die Tüten packen. Aber irgendwie handelt es sich in beiden Fällen ja um Dinge des täglichen Bedarfs.

Eine Glosse von Andreas Schubert

Waaaahnsinn! Unglaublich, echt hammermäßig, oder? Nein, Nicht die WM! Das war schon auch irgendwie ganz aufregend, aber es kommt noch dicker: Am Viktualienmarkt eröffnet im Herbst ein Sex-Shop, wie einem Münchner Nachrichtenmagazin zu entnehmen ist. Es soll also künftig Dildos und Kondome ausgerechnet dort zu kaufen geben, wo sie einem in der Nachbarschaft Gurken und Bananen in die Tüten packen und zwar in der Reichenbachstraße 1. Gleich ums Eck will die Gartenmarkt- und Tierhandelskette Dehner im Herbst ein neues Samenhaus aufmachen - kein Kalauer, so nennen die das wirklich.

Man könnte jetzt angesichts dieser Pläne einfach mal mit den Schultern zucken und sagen: Na und? Irgendwie handelt es sich in beiden Fällen ja um Dinge des täglichen Bedarfs, und da passt ein Sexladen doch gut in die Nähe von Lebensmittelhändlern. Doch die Kollegen vom Nachrichtenmagazin und andere Medien wittern dahinter ordentlich Zündstoff für Streitigkeiten. Die Fieranten des "idyllischen Marktes" seien empört, erfährt man. "Passt nicht hierher", lässt sich eine Marktfrau zitieren. "Gehört in die Bahnhofsgegend." Warum eigentlich? Befürchten die Marktfrauen, dass aus dem Viktualienmarkt ein Rotlichtbezirk wird? Und überhaupt: Warum muss immer das Bahnhofsviertel für angeblich Anrüchiges herhalten? Weil man beim Stichwort Bahnhof eher an Verkehr denkt als beim Stichwort Gemüse? Wohl eher nicht.

Es ist doch so: Rund um den Bahnhof lebt ein ganzer Haufen Lebensmittelläden seit Jahrzehnten in friedlicher Koexistenz mit der Liebes-Branche. Die Marktfrauen sollten deshalb mal positiv denken, bevor sie den Sittenverfall beschwören. Vielleicht profitieren sie ja auch von neuer Kundschaft, die sich sonst eher nicht in die Innenstadt verläuft, und der beim Dessouskauf einfällt: "Mensch, eigentlich könnte ich jetzt gleich noch Pfirsiche mitnehmen."

Apropos Dessous: Die Marktfrauen selbst hätten die Gelegenheit, sich ortsnah damit für ihren - nicht gerade gschamigen - Tanz am Faschingsdienstag einzudecken. Sie könnten die Wäsche glatt als Berufskleidung von der Steuer absetzen.

© SZ vom 15.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: