Münchner Momente:Mit Flipflops in der Sparkasse

Die Stadtsparkasse befragt ihre Kunden, ob es denn okay sei, dass nicht mehr alle Berater Krawatte tragen. In Hamburg sind sie da schon weiter

Von Anna Hoben

Waren Sie zuletzt bei Sparkassenbesuchen verwirrt, weil Sie Ihren Berater nicht erkannt haben? Sind Sie aus Versehen auf einen Krawattenträger zugegangen, der sich als Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens und Kunde wie Sie entpuppt hat? Dann müssen Sie jetzt stark sein. Nachdem seit geraumer Zeit ein Test zu mehr Lockerheit in der Kleiderordnung läuft, könnten bei der Stadtsparkasse bald komplett krawattenfreie Zeiten anbrechen.

"Business-Casual-Look ist in", hat das Geldinstitut erkannt. Schließlich träten sogar "Politiker und namhafte Top-Manager" ohne Krawatte auf. Parallel zum Test läuft deshalb nun eine Online-Umfrage: "Was gefällt Ihnen besser?" Der Kunde kann per Klick abstimmen: das Männchen in dunkelblauem Anzug mit roter Krawatte oder das Männchen in dunkelblauem Anzug ohne Krawatte?

Die Krawatte bot Orientierung in komplizierten Zeiten: Da ist jemand, dem man vertrauen kann. So jedenfalls sollte die Psychologie des Kundenkontakts funktionieren. Vorbei. Auf Tagungen kommen den Bankern plötzlich die wildesten Ideen. Vielleicht entsteht durch einen gelockerten Kleidungsstil mehr Kundennähe? So dachte man bei der Hamburger Sparkasse, wo Krawatten- und Anzugzwang passé und offene Kragen, Jeans und Chinos erlaubt sind. Erkenntnis: "Der Mensch ist wichtiger als die Garderobe." Ist wohl nicht weit bis zu Flipflops, kurzen Hosen und Vollbart.

So wird es in München eher nicht kommen. "Mich regt schon die Frage auf", schreibt ein Facebook-Nutzer zur Umfrage der Sparkasse. "Besonders bei jungen Mitarbeitern würde mich das Auftreten ohne Krawatte schon dazu verleiten, erst gar nicht die Filiale zu betreten", konstatiert ein anderer. Doch es gibt auch lockere Befürworter. Einer plädiert: "Gebt den Angestellten mehr Luft."

Wie auch immer das Experiment ausgehen mag: Unbedingt zu begrüßen ist in jedem Fall das Mitspracherecht der Kunden. Auch in anderen Bereichen sollten Kunden und Konsumenten künftig mitentscheiden dürfen. Die Ärztekammern könnten in Erfahrung bringen, wie Patienten es finden, dass ihr behandelnder Arzt immer denselben weißen Kittel anhat. Und bei der ARD sollten sie eine tägliche Abstimmung einführen: "Wählen Sie Jan Hofers Outfit für den nächsten Tag. Wir haben ihm schon mal drei Varianten rausgelegt."

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