Münchner Momente:Guten App-etit!

Muss man das wirklich alles wissen? So manche Information hätte man in der Zeit vor dem Smartphone das sein lassen, was sie ist: ein Fliegenschiss

Von Günther Knoll

Neulich beim gemeinsamen Frühschoppen mit Freunden im Augustiner: Aus irgendeinem Grund war die Rede darauf gekommen, was man heute wissen muss und was nicht, aufs Wesentliche also. Ein kleiner Test in Sachen Lebensmittelrecht brachte das ernüchternde Ergebnis, dass keiner am Tisch in der Lage war, auf Anhieb die Frage zu beantworten, wie viele Fliegeneier die US-Lebensmittelbehörde maximal pro hundert Gramm Tomatenmark erlaubt.

Früher hätte man diese Wissenslücke einfach mit einem kräftigen Schluck auszufüllen versucht und hätte diesen Fliegenschiss sein lassen. Heute folgt das Unvermeidliche: der Griff zum Smartphone. Ein paar Wischs ergaben: maximal 30 Fliegenbabys. So beruhigend dieses Ergebnis in seiner Geringheit auch sein mag, im Nachhinein beglückwünschte man sich doch zur Speisenwahl: Zur Weißwurst passt süßer Senf einfach besser als Ketchup. Aber da man nun schon mal weltweit unterwegs war, wurden auch gleich noch mögliche Ziele für den nächsten gemeinsamen Ausflug und die Öffnungszeiten bestimmter Museen in der Oberpfalz gecheckt.

Ein Blick in die Wirtsstube machte deutlich, dass inzwischen kaum einer ohne den Assistenten im Schachterlformat auskommt: Ständig huschten Touristen vorbei, die alles, was sie sahen und taten, mit ihren Handys dokumentierten, offenbar sogar den Gang zu den Toiletten. Weiter hinten an einem reinen Männerstammtisch fand gerade ein Handy-Duell statt nach dem Motto "Meins kann ... Dafür hat meins..." Dem Rest der Herrenrunde blieb da nur noch ehrfurchtsvolles Schweigen. Und am Nebentisch hatte ein junges Ehepaar das Smartphone vor die kleine Tochter gestellt. Die blickte tatsächlich so gebannt auf den Minibildschirm, dass die Eltern in aller Ruhe essen konnten.

Und dann ertönte ein Klingelzeichen, daran erinnernd, dass all diese Dinger ja eigentlich in erster Linie doch zum Telefonieren erfunden worden sind. Der Gast, dem der Anruf galt, wollte die Allgemeinheit jedoch nicht teilhaben lassen an der Telekommunikation. Er ging einfach vors Lokal. Enttäuschte Blicke. Wofür geht man schließlich ins Wirtshaus?

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