Oktoberfest:Sightseeing für Wiesnbesucher im echten München - Bierbar inklusive

Streit um Bierpreisbremse

Es geht um mehr als ums Bier, wenn man Ende September nach München kommt - oder?

(Foto: picture alliance / Marc Müller/)

Damit Touristen nicht nur von monströsen Bierkrügen und hochgeschnallten Brüsten erzählen, hat sich ein findiges Unternehmen spezielle Touren für sie ausgedacht.

Kolumne von Laura Kaufmann

Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen, dichtete einst Matthias Claudius. Ende September sucht der Reisende gerne München auf. Die Erzählungen, die er mit nach Hause nimmt, handeln von monströsen Bierkrügen und hochgeschnallten Brüsten.

Nun ziemt es sich heute nicht mehr, nur zu reisen, ohne mit den Einheimischen in Kontakt zu treten und zu ergründen, was eine Stadt wirklich ausmacht. Wenigstens eine Tour von einem "echten Local" sollte zum Programm gehören. In Städten wie Barcelona oder Lissabon ist man von diesen Versuchen mehr als genervt; der Münchner hingegen ist noch gerührt, interessiert sich wirklich ein Fremder für seine, wie er sich allseits anhören muss, viel zu saubere, viel zu spießige, viel zu verschlafene Heimat?

Und so gibt es nun auch hier Angebote, die Touristen während des Ausnüchterns nutzen können, um daheim andere Geschichten erzählen zu können als die von trunkenen Begebenheiten auf der Festwiese. "Hey Minga" ist so ein Angebot, erfunden speziell zur Wiesnzeit.

Ein Bierzelt-Kontrastprogramm ist es nicht. Der arme Tourist soll ja keinen Kulturschock erleben. Die Besucher sind in Tracht willkommen, und der VW-Bulli, in dem sie durch die Stadt gekarrt werden, hat eine eingebaute Bierbar. Im Werksviertel dürfen sie über Gin Tonic und anderes hippes Gesöff staunen.

Im Englischen Garten gibt es einen "interessantesten Spot" zu besichtigen, außerdem besondere Einblicke in die Maxvorstadt, alles unter dem Motto "Entschleunigung und Wohlfühlatmosphäre", und zwischendurch wird immer mal wieder die Bierbar geplündert. Nach zweieinhalb Stunden wird der Gast um 39 Euro ärmer direkt an der Festwiese laufen gelassen, damit er seine Eindrücke bei einer Mass Revue passieren lassen kann.

Jetzt darf der Reisende sagen, er hätte München auch abseits der Wiesn erkundet. Aber nur, falls er der hiesigen Sprache mächtig ist, die Touren sind auf Deutsch. Die Erzählungen der meisten Reisenden, ob auf Englisch, Italienisch oder Suaheli, werden also weiterhin von monströsen Bierkrügen und hochgeschnallten Brüsten handeln. Falls sich die Touristen nicht selbst in die Stadt gewagt haben. Aber die Hauptsache im Sinne des Dichters ist es ja, dass es etwas zu erzählen gibt. Und Geschichten finden sich auf der Wiesn wahrlich genug.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: