Innenstadt:Tretter trotzt Online-Konkurrenz und expandiert

Innenstadt: Tretter ist bereits in guten Lagen wie hier in der Sendlinger Straße vertreten.

Tretter ist bereits in guten Lagen wie hier in der Sendlinger Straße vertreten.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Während andere Ketten insolvent gehen, eröffnet das Münchner Familienunternehmen seine 31. Filiale. Doch auch hier wächst der Druck - nicht nur durch das Internet.

Von Franziska Gerlach

Thomas Tretter ist ein überlegter Typ. Von rasanter Expansion hält er nichts, selbst wenn es sich bei Schuhen um ein durchaus emotionales und von Trends getriebenes Produkt handelt. "Es gab immer eine langsame Erweiterung", sagt der Inhaber des Traditionsunternehmens, "nie auf die Schnelle".

Nach 35 Jahren im Münchner Schuhgeschäft hat Thomas Tretter, 62, allerdings einen guten Riecher für Gelegenheiten, und durch genau so eine Gelegenheit kommt er nun an seine 31. Filiale. In bester Innenstadtlage.

1000 Quadratmeter Verkaufsfläche

Bei Schuh Klein an der Weinstraße ist der Ausverkauf beendet. Man wolle sich strategisch auf andere Standorte konzentrieren, ist beim Schuhfilialisten Leiser in Berlin zu erfahren, zu dessen Portfolio das Münchner Geschäft zählte. Seit 1. Februar ist nun Tretter Mieter der 1000 Quadratmeter großen Fläche, die 15 Mitarbeiter werden übernommen.

Bevor hier Ende Februar die Geschäfte neu anlaufen, wird für etwa 250 000 Euro umgebaut. Ein neuer Boden muss her, eine Decke mit LED-Beleuchtung wird eingezogen, der Eingang soll um zwei Meter nach vorne versetzt werden. Thomas Tretter hat viel vor auf den zwei Verkaufsetagen: "Das wird ein wertiges Tretter-Haus mit internationaler Markenware", sagt er, "Damen-, Herren- und Sportschuhe werden wir dort führen."

Tretter und Schuhe - das gehört in München seit 1947 zusammen. Zu dem Familienunternehmen zählen heute auch die Bartu-Filialen mit einem auf jüngere Kunden ausgerichtetem Sortiment sowie die Thomas-Filialen mit einem preislich gehobenen Angebot, die Tretters Vornamen tragen. 1988 begann er als Prokurist, 1990 übernahm er die Geschäftsleitung von seinem Vater Josef Tretter. Im vergangenen Sommer stieg Gregor Tretter, der Enkel des Firmengründers, in die Firma ein.

Rund 500 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen, Tretter betreibt 27 Geschäfte in München und drei weitere im übrigen Bayern. Erst vor einem Jahr eröffnete eine Filiale in den Riem Arcaden, nun expandiert man an der Weinstraße - trotz des anhaltenden Online-Booms.

Jeder sechste Schuh wird schon im Internet verkauft

Die Konkurrenz der großen Internetshops hat gerade die Erlanger Schuhhandelskette Mengin in die Knie gezwungen. Das Unternehmen mit 13 Filialen in Bayern und Sachsen hat beim Amtsgericht Fürth einen Antrag auf eine Sanierung in Eigenverwaltung gestellt. Unternehmenschef Andreas Mengin begründete den Gang zum Insolvenzgericht mit dem Preisdumping des Internethandels.

Den Berechnungen des Instituts für Handelsforschung (IfH) zufolge liegt der Anteil der im Internet getätigten Bestellungen am deutschen Schuhmarkt mittlerweile bei 16 Prozent, das bedeutet: Jeder sechste Schuh wird im Internet gekauft. Bernd Ohlmann, Geschäftsführer des Handelsverbands Bayern, verweist auf die Stärken des stationären Handels, die seines Erachtens in Service und Beratung liegen.

Aber auch Einkaufserlebnis und direkte Verfügbarkeit könne das Netz nicht bieten. Gerade der Online-Schuhhandel habe hohe Retouren zu beklagen, erläutert Ohlmann. "60 Prozent aller Schuhe werden wieder umgetauscht, das ist ein Spitzenwert und in keiner anderen Branche so." Dennoch dürften sich Händler der Entwicklung nicht verschließen. "Eine eigene Homepage ist ein absolutes Muss", sagt Ohlmann, sonst werde man nicht gefunden.

Dass der moderne Kunde on- und offline bedient werden will, weiß freilich auch Thomas Tretter - und reagiert darauf mit einer sogenannten Multichannel-Strategie. Seit September 2015 gibt es einen Online-Shop von Bartu, Ende 2016 soll auch Tretter ans Netz gehen. Insbesondere junge Leute würden sich vorab im Internet umsehen, das sei gewissermaßen "eine Alternative zum Schaufenster", sagt Tretter. Seine Mitarbeiter lernen daher in Schulungen, wie man mit dieser gut informierten Kundschaft umgeht.

Auch Modeketten werden zunehmend Konkurrenten

Dennoch werde der größere Teil des Umsatzes weiterhin über das stationäre Geschäft erwirtschaftet, so die Prognose des Firmeninhabers. Der Münchner kennt Tretter als Laden - und nicht als Internet-Shop. Konkurrenz gibt es aber auch jenseits der virtuellen Welt: Die Schuhabteilungen der großen Kaufhäuser etwa, zudem Roland und die Filialen von Görtz 17. Modeketten wie H & M oder Mango bieten Schuhe an, teilweise für deutlich weniger Geld. Auch Zara teilt mit, dem Kunden "ein breites Bekleidungs-Sortiment" offerieren zu wollen.

Tretter nimmt die Filialisten als Mitbewerber durchaus ernst. "Die können Trends sehr schnell bringen", sagt er, "aber das trauen wir uns auch zu". Im Gerangel um die Gunst des Kunden setzt das Unternehmen auf Angebotsvielfalt. Mit rund 250 Lieferanten aus Italien, Spanien, Portugal und Deutschland arbeitet Tretter zusammen.

In den vergangenen Jahren hat der Mann, der den Münchnern von Berufs wegen auf die Füße schaut, einiges miterlebt. Vor zwei Jahren waren etwa die Bikerboots wieder da, gerade seien Stiefeletten bei Frauen gefragt - und der Overknee-Stiefel, von dem Tretter in dieser Saison sogar zu wenige auf Lager hatte. "Für einen Schuhhändler ist es immer günstig, wenn ein neuer Schuhtyp aufkommt", sagt Thomas Tretter. Dann weiß der Einkauf, was er ordern muss.

„Reserved“ löst Salamander ab

Rote Schriftzüge in Schaufenstern sieht man in diesen Tagen überall in der Stadt. Sie weisen auf reduzierte Winterware hin - oder darauf, dass ein Geschäft wie Schuh Klein schließt. Auch bei Salamander an der Kaufingerstraße läuft der Ausverkauf. Die Schuhkette gehört zur Klauser-Gruppe. Weshalb man aus den Räumen in der Münchner Fußgängerzone auszieht, dazu will sich die Geschäftsführung in Wuppertal nicht äußern. Wie die Bayerische Hausbau als Eigentümerin der Immobilie mitteilt, bestand bislang ein Mietvertrag mit Benetton. Weil dieser Ende März regulär ausläuft, werden die rund 5500 Quadratmeter Verkaufsfläche neu vergeben. Benetton will ein neues Shopping-Konzept umsetzen und verkleinert sich auf 2000 Quadratmeter. Den größeren Teil der Fläche wird nach dem Umbau mit rund 3500 Quadratmetern der Fast-Fashion-Anbieter "Reserved" belegen, die Eröffnung der ersten Münchner Filiale ist für den Herbst geplant. Die Marke gehört zum Portfolio des polnischen Bekleidungskonzerns LPP und expandiert in Deutschland gerade stark. Ähnlich wie Zara oder H&M will "Reserved" die Münchner mit Mode zu erschwinglichen Preisen versorgen - darunter auch Schuhe. frg

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