Münchner Griechen:Angst um die Poesie der Ägäis

Münchens Griechen leiden unter den Problemen ihrer Heimat. Ihr Herz schlägt für Athen.

M. Montag und M. Neumann

Griechenland in der Krise: Bis Ende 2010 hat das Land voraussichtlich einen Finanzbedarf von 150 Milliarden Euro. Doch nicht nur die Menschen an Hellas' Gestaden sorgen sich um ihren Staat. Auch die in München lebenden Griechen blicken den Entwicklungen in ihrem Heimatland beunruhigt entgegen.

Griechenland

Die in München lebenden Griechen verfolgen beunruhigt die Entwicklungen in ihrem Heimatland.

(Foto: Foto: dpa)

Dimitrios Koskinas ist gebürtiger Münchner, aber seine Wurzeln liegen auf Korfu. Die Eltern des 31-Jährigen kamen in den siebziger Jahren nach München, haben sich sogar in Bayerns Kapitale erst kennengelernt. Es tue ihm für sein Heimatland "schon ein bisschen leid", sagt Koskinas, der im griechischen Restaurant Kytaro nahe dem Hofgarten angestellt ist.

"Aber ich weiß auch, dass es die logische Konsequenz schlechter Politik ist", meint er. Dass sich die Situation jetzt derart zugespitzt habe, sei allerdings auch die Schuld vieler Spekulanten. Bei sich zu Hause empfängt Koskinas auch das griechische Fernsehen, dort gebe es kein anderes Thema mehr als die griechische Schuldenkrise.

Die Stammgäste im Kytaro hingegen nehmen es mit Galgenhumor. "Von einigen muss ich mir schon häufiger einen dummen Spruch anhören", erzählt er, "aber alles auf freundschaftlicher Basis."

Wenn Stavros Kostantinidis morgens in die Tageszeitung schaut, überkommt ihn "ein Gefühl des Schämens". Auch der Rechtsanwalt ist in München zur Welt gekommen, 1966, ein Jahr nachdem seine Eltern in die bayerische Hauptstadt gezogen sind. Dennoch bezeichnet er Griechenland als sein Heimatland. Er habe "zwei Heimaten", aber "Seele und Herz" seien griechisch.

Für ein stolzes Volk wie die Griechen sei es "wie eine Ohrfeige", zu sehen, in welchem Zustand das "wunderschöne hellenische Land ist". Die Hiobsbotschaften aus den Nachrichten nimmt er mit Bestürzung zu Kenntnis. Wenn es um die nötige Unterstützung Europas für Griechenland geht, "fühlt man sich als Bettler".

Dennoch sei dies die einzige Lösung, so Kostantinidis, der zudem bayerischer Vorsitzender der Deutsch-Hellenischen Wirtschaftsvereinigung ist. In dieser Funktion appelliert er an die Politik.

"Wir Griechen können uns nicht mehr viel Patriotismus leisten. Wir sind abhängig von der Gunst und der Unterstützung Europas." Sollte der Staat bankrottgehen, so herrsche Ansteckungsgefahr. "Erst kippt ein Land, dann folgt das nächste", prognostiziert der 43-Jährige.

Die in Deutschland lebenden Griechen sieht er in einem Zwiespalt. Einerseits rufe das "griechische Herz" nach Unterstützung aus Europa und Deutschland, andererseits könnten er und seine in München lebenden Landsleute die Skepsis mancher Deutschen verstehen, die sich unverschuldet "in einer Geber-Situation" befänden.

"Ich weiß, dass nach der Weltwirtschaftskrise auch in Deutschland das Geld nicht locker sitzt und finanzielle Unterstützung schwerfällt." Denkmodelle wie den Austritt Griechenlands aus der Währungszone, hält Kostantinidis aber für sinnlos, "die Gläubiger wollen ihr Geld in Euro, nicht in Drachmen".

Von den Folgen der griechischen Schuldenkrise bleibt auch der Tourismus nicht verschont. Die Münchnerin Christiane Pilz ist seit mehr als 20 Jahren im griechischen Reisegeschäft tätig. Zurzeit arbeitet sie bei Attika Reisen in der Sonnenstraße. "Die Anzahl der Buchungen liegt zwar momentan noch über dem Vorjahresergebnis, eine Tendenz zum Buchungsrückgang konnten wir aber dennoch feststellen."

Viele Reisende seien verunsichert und befürchteten, aufgrund der unruhigen Lage und der andauernden Streiks, dass der Urlaub in Griechenland möglicherweise weniger entspannend werden könnte als erhofft. "Ich verstehe die allgemeine Bestürzung durchaus, eine Gefahr für Reisende besteht in den griechischen Tourismusgebieten jedoch nicht."

Im Gegenteil, Griechenland lebt jetzt mehr denn je von Touristen. Die "Poesie der Ägäis", von der der griechische Dichter Jannis Ritsos schreibt (wenn auch in anderem Zusammenhang), lebt weiter. Neben dem guten Wetter, so Reisefachfrau Pilz, seien dies insbesondere die hervorragende Wasserqualität, die wunderbare Landschaft und nicht zuletzt die Gastfreundlichkeit der Bevölkerung.

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