Münchner Flughafen:Die dritte Bahn geht an den Start

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Nachdem der Aufsichtsrat die Erweiterung des Flughafens beschlossen hat, beginnt die Suche nach einem Standort für die neue Piste. Als wahrscheinlich gilt ein Areal im Nordosten des Airports. Dafür müssten zwei Dörfer abgerissen werden.

Von Dominik Hutter

Am Münchner Flughafen wird schon in Kürze mit den Planungen für eine dritte Start- und Landebahn begonnen. Die neue Piste, die gestern in der Flughafen-Aufsichtsratssitzung beschlossen wurde, soll die Kapazität des Airports so erhöhen, dass das derzeitige starke Wachstum auch über 2010 hinaus weitergehen kann. Als wahrscheinlichster Standort gilt eine bis jetzt noch besiedelte Fläche im Nordosten des Flughafen-Areals.

Der Münchner Flughafen könnte mit der dritten Startbahn Frankfurt den Rang als wichtigstem Flughafen Deutschlands ablaufen. (Foto: Foto: dpa)

Dass sich nach dem Ausbau der Terminal-Kapazitäten auch im Bahnsystem etwas tun muss, gehört seit Monaten zum festen Forderungs-Repertoire von Flughafen-Chef Michael Kerkloh. Denn an den beiden heutigen Start- und Landebahnen, auf denen knapp 90 Flugbewegungen pro Stunde abgewickelt werden können, dürften Prognosen zufolge schon 2008 erste spürbare Engpässe auftreten.

Dies aber, so Kerklohs Befürchtung, könnte den bislang noch recht wackeligen Drehkreuz-Status gefährden - mit den Planungen müsse also möglichst bald begonnen werden. Unterstützung erfährt die Flughafengesellschaft von der Lufthansa, die angesichts der beengten Verhältnisse am größten deutschen Flughafen in Frankfurt zunehmend auf ihr zweites Standbein München setzt.

Koalitionskrach unvermeidlich

Nach SZ-Informationen wurde in der nicht-öffentlichen Sitzung des Aufsichtsrats gestern beschlossen, ein Raumordnungsverfahren für die dritte Bahn einzuleiten. Das Ja der Stadt muss noch vom Stadtrat bestätigt werden, der sich voraussichtlich in der heutigen Vollversammlung mit dem Thema befassen wird. Koalitionskrach gilt als unvermeidbar - die Grünen lehnen die Flughafenerweiterung ab, so dass sich die SPD wohl bei der CSU ihre Mehrheit suchen muss.

Ein Standort wurde offiziell noch nicht festgelegt - dessen Suche gilt als Teil des Planungsprozesses. Die meisten Experten setzen auf ein Areal östlich des Freisinger Stadtteils Attaching. Die dort liegenden Orte Eittingermoos und Schwaigermoos mit ihren rund 400 Einwohnern müssten dann wohl abgesiedelt werden, fürchtet Christian Magerl, Verkehrssprecher der Grünen im Landtag. Aber auch das nur wenige Kilometer entfernte Freising würde in Mitleidenschaft gezogen - zumindest in Sachen Lärm.

Die neue Piste wird aller Wahrscheinlichkeit nach mindestens 1500 Meter von der heutigen Nordbahn entfernt liegen - dieser Abstand garantiert einen weitgehend unabhängigen Betrieb aller drei Bahnen und somit maximale Kapazität. Diese großzügige Bauweise hat sich in München bereits bewährt:

Eigene Feuerwachen

Das heutige Zwei-Bahn-System kann theoretisch mehr Verkehr abwickeln als das Frankfurter Drei-Bahn-System, bei dem nur versetzte Starts und Landungen möglich sind. Dass in Rhein-Main trotzdem deutlich mehr Passagiere abfliegen, liegt an den größeren Maschinen und an der sehr unregelmäßigen Auslastung des Münchner Airports, der außerhalb der Stoßzeiten noch über Reservekapazitäten verfügt. "MUC" will aber auch in den Stoßzeiten wachsen - dort konzentriert sich der attraktive Umsteigerverkehr.

Die Kosten, die nach Schätzung Magerls im Milliardenbereich liegen, müsste wohl der Flughafen selbst übernehmen. Mit dem simplen Planieren einer kilometerlangen Fläche ist es allerdings nicht getan: Eine vollwertige Start- und Landebahn benötigt ein System von Rollwegen, eine Befeuerungsanlage und diverse Sicherheitseinrichtungen.

Die bestehenden Bahnen verfügen sogar über eigene Feuerwachen. Zusätzlich müsste die Flugsicherung aufgestockt werden. Nicht billig kämen wohl auch die Entschädigung der Anwohner, der Grunderwerb und die Verlegung von Straßen.

Grüne: Ökologisch unsinnig

Die Grünen wollen sich vehement gegen die dritte Bahn wehren. "Die geplante Flughafenerweiterung ist verkehrspolitisch unnötig, ökologisch unsinnig und hat verheerende Folgen für Mensch und Natur", warnen Magerl und seine Fraktionskollegin Theresa Schopper. Tatsächlich sei das starke Wachstum des Flughafens durch Subventionen des Luftverkehrs künstlich herbeigeführt.

Engpässe ließen sich unter anderem durch eine sinnvollere Nutzung der vorhandenen Kapazitäten umgehen, etwa durch größere Maschinen. Während in London-Heathrow durchschnittlich 142 Passagiere je Flugzeug gebucht sind, seien es in München nur 70. Rathaus-Fraktionschefin Lydia Dietrich kritisiert zudem kapazitätsfressenden "ökologischen Irrsinn": 13 Flüge pro Tag nach Nürnberg und 18 nach Stuttgart seien angesichts der kurzen Distanz nur schwer nachvollziehbar.

(SZ vom 27.7.2005)

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