Münchner Arzt in Peking:Wie ist die Stimmung?

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Bernd Wolfarth, Leitender Oberarzt für Sportmedizin an der TU, betreut die deutschen Athleten in Peking. Ein Gespräch über Husten, Smog und die Stimmung unter den Deutschen.

Christina Warta

Sie haben Ultraschall- und EKG-Geräte aus Deutschland mitgebracht: Der Münchner Arzt Bernd Wolfarth, 42, hat mit Kollegen im Olympischen Dorf in Peking eine kleine Ambulanz aufgebaut. In der medizinischen Zentrale werden die 440 deutschen Athleten und die 300 Betreuer verarztet. Der Internist, der an der Technischen Universität Leitender Oberarzt für Sportmedizin ist, war bereits 2002 und 2006 bei Olympia.

"Wir alle leiden unter der hohen Luftfeuchtigkeit": Bernd Wolfarth (Foto: Foto: oh)

SZ: Sie sind seit einer Woche in Peking. Wie erleben Sie die Stimmung?

Wolfarth: Hier ist die Stimmung eigentlich sehr positiv. Die Rahmenbedingungen sind gut im Olympischen Dorf, diejenigen, die schon häufiger dabei waren, sagen, dass es eines der schönsten Olympische Dörfer sei, die es bisher gegeben hat - mit viel Liebe zum Detail bei den Außenanlagen, aber auch bei den Unterkünften. Auch das Essen ist auf einem hohen Niveau, das ist ganz wichtig für die Truppenstimmung.

SZ: Wie stark ist der Smog?

Wolfarth: Es kristallisiert sich langsam heraus, dass die Luftbedingungen besser sind als erwartet. Da hat vorher große Unsicherheit geherrscht. Aus medizinischer Sicht sagen wir: Wir haben eher ein Klimaproblem. Das liegt an der subtropischen Region, in der diese Spiele stattfinden. Wir alle leiden unter dieser hohen Luftfeuchtigkeit, zusätzlich zur warmen Luft.

SZ: Wie heiß ist es denn?

Wolfarth: Zwischen 28 und 35 Grad Celsius, das Problem ist die Luftfeuchtigkeit bis 80, manchmal 90 Prozent. Das ist nicht unbedingt animierend, um Ausdauer-Trainingsläufe oder -Wettkämpfe unter freiem Himmel durchzuführen. Das ist ein echtes Problem. An schönen Tagen mit blauem Himmel steigt die Temperatur stark an, an anderen Tagen hängt eine Dunstglocke über der Stadt, was dann zwar geringere Temperaturen bedeutet, aber eine höhere Luftfeuchtigkeit mit sich bringt. Es ist nicht so, dass einem die Lunge plötzlich brennt, aber der Flüssigkeitsverlust ist immens hoch; das belastet vor allem jene Sportler, die in Ausdauerdisziplinen im Freien an den Start gehen, deutlich.

SZ: Was mussten Sie schon behandeln?

Wolfarth: Bis jetzt waren das glücklicherweise nur banale Dinge, Husten, Magen-Darm-Infekt, Blasen an den Füßen oder orthopädische Probleme.

SZ: Athleten wurden von den Mannschaftsärzten gewarnt, außerhalb des Olympischen Dorfs zu essen. Auch wegen der Gefahr, sich durch mit Anabolika gemästete Tiere der Gefahr einer positiven Dopingkontrolle auszusetzen.

Wolfarth: Das wissen wir nicht genau, deshalb raten wir zur Vorsicht. Anabolika werden zum Teil zur Mast bei Schlachttieren verwendet. Was allerdings ein weiteres Problem darstellt, sind die hygienischen Standards außerhalb des Dorfs. Wir wollen uns natürlich keine Epidemien mit Durchfall oder Erbrechen einhandeln und raten daher den Athleten, die Mensa des Olympischen Dorfes zu benutzen.

SZ: Können Sie etwas zur Atmosphäre in der Stadt sagen?

Wolfarth: Ich selbst war erst zweimal außerhalb unterwegs. Aber wir hatten gerade unser Medizinertreffen, und die Kollegen haben berichtet, dass die Chinesen extrem bemüht und freundlich sind. Man hat natürlich immer das Sprachproblem: Es gibt wenige, die Englisch oder eine andere Fremdsprache beherrschen. Verblüffend ist die extreme Zahl von freiwilligen Helfern. Es heißt, dass es 60.000 sind, doppelt so viele wie in Athen.

SZ: Bekommen Sie die heftigen Debatten außerhalb Chinas mit, etwa, was die Zensur im Pressezentrum angeht?

Wolfarth: Die Debatte bekommen wir natürlich mit. Für uns zeigten sich aber bisher noch keine Probleme. Ich bin noch auf jede Internetseite gekommen, auf die ich wollte. Aber ich habe bisher auch noch nicht versucht, kritische Seiten aufzurufen. Ein Journalist versucht natürlich, auch andere Seiten aufzurufen.

© SZ vom 07.08.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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