Münchner Stadtrat:AfD-Politiker hetzt gegen Muslime

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Der neue AfD-Stadtrat Schmude gehörte bis März einem islamfeindlichen Verein an, dem "Freiheit"-Chef Stürzenberger vorsaß. Von der Organisation distanziert Schmude sich, von der Ideologie nicht.

Von Sebastian Krass

Michael Stürzenberger hat mit seiner Partei "Die Freiheit" zwar den Einzug in den Stadtrat verpasst, dennoch wird in der neuen Münchner Bürgervertretung ein Mitglied mit islamfeindlichen Tendenzen sitzen. Fritz Schmude von der Alternative für Deutschland (AfD) war nach eigener Auskunft bis März dieses Jahres Mitglied der "Bürgerbewegung Pax Europa" (BPE). Der bayerische Verfassungsschutz stuft die Gruppe in seinem Bericht für das Jahr 2013 ebenso als "islamfeindlich" ein wie die "Freiheit". Vorsitzender der bayerischen Landesverbände von "Freiheit" und BPE sei Stürzenberger, heißt es.

Schmude mischt sich auch auf seiner Homepage mit scharfen Worten in die Diskussion über den Islam ein. Dort schreibt er, der Islam sei "der stärkste Schläger im Lager der Feinde der Gedankenfreiheit". Zudem habe die Religion "eine besonders wirkungsvolle Komponente, nämlich die Gewalttätigkeit". Den Kurs des AfD-Bundeschefs Bernd Lucke beim Thema Islam kritisiert Schmude als "Leisetreterei".

Die AfD lehnt jede Zusammenarbeit mit der "Freiheit" ab

André Wächter, Landesvorsitzender der Partei und neben Schmude künftig der zweite AfD-Vertreter im Stadtrat, zeigt sich überrascht von Schmudes Verbindungen. Er habe von dessen kritischer Einstellung gegenüber dem Islam gewusst, nicht aber von der BPE-Mitgliedschaft. Er hätte den Austritt "schon früher für angemessen gehalten". Denn: "Im gleichen Verein wie Stürzenberger zu sein, finde ich kritisch." Die AfD hat beschlossen, jede politische Zusammenarbeit mit Stürzenbergers "Freiheit" abzulehnen.

Schmude, 1969 in München geboren, ist studierter Mathematiker und arbeitet als Programmierer, so steht es auf der AfD-Homepage. Bei der Kommunalwahl 2008 kandidierte er für den Ebersberger Stadtrat, damals für die Grünen, blieb aber ohne Mandat. Als sein wichtigstes kommunalpolitisches Thema bezeichnet er die Finanzen. Er glaube, dass Steuern gesenkt werden müssten und es im Gegenzug mehr "Ausgabendisziplin" brauche, sagt er.

Fragt man am Telefon zum Thema Islam nach, dann bezieht Schmude erneut eindeutig Stellung. So sieht er keinen Anlass, die Betrachtung der islamischen Religion vom sozialen und politischen Phänomen des Islamismus' zu trennen. Denn der Islam sei "nicht nur Religion, sondern auch Ideologie". Für ihn steht der Islamismus "auf der Spitze einer Sympathisantenpyramide". Folgt man Schmudes Argumentation, dann ist letztlich sogar jeder Muslim zumindest indirekt Unterstützer islamistischer Terroristen - "nicht weil die Menschen alle böse sind", merkt er an, sondern weil sie jener Ideologie anhingen.

In der AfD gibt es seit geraumer Zeit einen Richtungsstreit über den Umgang mit dem Islam. Parteichef Lucke hat versucht, mit einem Zehn-Punkte-Papier einen Rahmen abzustecken und radikale Kräfte einzubremsen. Darin distanziert er sich von der Aussage, der Islam gehöre zu Deutschland, wie sie der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff geprägt hat. Eine "implizite Bejahung des Islams" hierzulande sei "falsch und töricht" angesichts der "vielen unterschiedlichen Strömungen und Aspekte", schreibt Lucke. Er gesteht aber jedem Muslim in Deutschland das Recht zu, "seinen Glauben friedlich zu praktizieren, seine Kinder in diesem Glauben zu erziehen und sich in Moscheen mit anderen Moslems zu versammeln".

Daran stört Schmude sich immens. Auf seiner Homepage schreibt er, es sei "einfach zu lahm, nur zu sagen, 'die Akzeptanz des säkularen Staates ist die Basis für ein gedeihliches Zusammenleben'". Schließlich werde "in Moscheen, 'Kulturvereinen' und Internet-Foren landauf-landab gegen den Westen - und natürlich gegen die Juden - gehetzt", es würden "für den weltweiten Dschihad Geld gesammelt und Kämpfer rekrutiert". Schmude zieht den Schluss: "Der Rechtsstaat muss klare Kante zeigen."

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Seine pauschalen Aussagen über den Islam passen zu Argumentationsmustern von Islamkritikern, die im Verfassungsschutzbericht genannt werden. Über die BPE heißt es dort: Sie ziele darauf ab, "wegen angeblicher Gefahren durch den Islam die Religionsfreiheit und die im Grundgesetz verankerte staatliche Neutralität und Toleranz gegenüber Muslimen und islamischen Religionsgemeinschaften abzuschaffen".

Schmude, der auch auf einer Homepage der BPE Beiträge geschrieben hat, sagt, er sei dort bis vor Kurzem Mitglied gewesen. Seinen Austritt im März erklärt er nicht mit inhaltlichen Differenzen, sondern mit der Nennung der BPE im Verfassungsschutzbericht. "Wenn man dann noch Mitglied ist, kommt man nicht mehr dazu, etwas zu sagen", erklärt er. Man sei damit stigmatisiert, will er sagen.

In der AfD fühlt Schmude sich wohl

Und wie ist sein Verhältnis zu Stürzenberger? "Ich kenne ihn, habe aber nicht seine Handynummer", sagt Schmude. Er hält Stürzenberger, der im Übrigen als Landesvorsitzender der BPE abgesetzt sei, für "politisch eingleisig". Überdies gebe es in dessen Partei "grundsätzlich ausländerfeindliche Tendenzen. Da gehe ich nicht mit", betont Schmude. Von der Islamkritik Stürzenbergers distanziert er sich inhaltlich aber nicht.

Die AfD sieht Schmude trotz seiner Kritik an Bundeschef Lucke als politische Heimat. Zur Begründung führt er an: Man könne "von einer Partei, die über fünf Prozent kommen will, nicht erwarten, durchgehend islamkritisch zu sein. Die Mehrheit der Parteimitglieder wünscht einen islamkritischen Kurs, das reicht mir aus".

Landeschef Wächter sagt, man dürfe Schmude nicht als "islamfeindlich" bezeichnen. Er wolle sich aber noch einmal genauer informieren.

© SZ vom 22.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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