Müncher CSU:Aufstand mit Anstand

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Die Münchner CSU fordert, Horst Seehofer abzulösen - nach den Verhandlungen in Berlin

Von Heiner Effern, München

Der offene Aufstand gegen Parteichef Horst Seehofer fällt aus, aber die Position der Münchner CSU als erste und heftigste Kritikerin des Ministerpräsidenten ist fester betoniert denn je zuvor. In der Sitzung des Bezirksvorstands am Montagabend sprachen sich acht von neun Kreischefs für eine Ablösung Seehofers aus. Nur Markus Blume, Vorsitzender im Osten und Vize-Generalsekretär der Partei, gab sich gemäßigt. So berichten es Teilnehmer der Sitzung. Immerhin konnten er und Bezirkschef Ludwig Spaenle die ungeduldigen Münchner dazu bringen, sich zumindest offiziell zum Zeitplan der CSU zu bekennen. Dieser sieht vor, dass Seehofer ohne Personalquerelen zu Hause in Berlin über die Regierungsbeteiligung im Bund verhandeln kann. Die Entscheidung über die Ausrichtung der CSU in Bayern soll danach fallen.

Mehr als drei Stunden habe die Münchner CSU "intensiv" diskutiert und in guter Gesprächsatmosphäre die Situation besprochen, sagte Spaenle. Das Meinungsbild sei eindeutig gewesen. Der Bezirkschef soll sich wie sein Stellvertreter Georg Eisenreich weitgehend aus der Diskussion herausgehalten haben. Eisenreich sprach nicht mal als Kreischef selbst, für ihn schilderte sein Stellvertreter Michael Kuffer die Stimmung im Süden der Stadt. Die unterschied sich wenig vom Rest: Mit Seehofer sei die Landtagswahl nicht zu gewinnen. Die Menschen hätten das Vertrauen in ihn verloren, der geordnete Übergang auf einen Nachfolger müsse schnell kommen. Dass dieser Markus Söder heißen muss, darin sind sich die Münchner seit Langem einig. Eisenreich rief ihn bereits 2015 als nächsten Ministerpräsidenten aus.

Insofern war für Seehofer keine Schonung zu erwarten. Auch sein Verhandlungsergebnis mit der CSU zum Thema Flüchtlinge wurde mehrmals als zu weich und zuwenig konkret kritisiert. Nur sechs von 29 Rednern sollen sich mäßigend geäußert haben, hieß es am Tag nach der Sitzung. Markus Blume, der als Vize-Generalsekretär auch qua Amt Loyalität pflegt, zeigte sich dennoch zufrieden mir der Diskussionskultur. "Die Aussprache war offen und fand in der ganzen Breite statt."

An der politischen Kultur hatte es zuletzt Zweifel gegeben. In der vergangenen Woche hatte es ein Treffen gegeben, zu dem wohl alle Kreischefs außer Blume eingeladen waren. Der Tenor, die Ablösung von Seehofer zu fordern, wurde direkt an die Bild weitergegeben. Das sei "parteischädigend", hatte sich nicht nur die stellvertretende Bezirksvorsitzende Friederike Steinberger geärgert. Spaenle habe diese Wut mit einem Verweis auf Missverständnisse elegant aufgefangen, war zu hören. Auch Blume war um Verständigung bemüht. "Es war klug und richtig, keine Beschlüsse zu fassen, sondern dem Fahrplan des Parteivorstands zu folgen. Wir brauchen jetzt volle Kraft für Berlin", sagte er am Tag danach. Ob Ruhe einkehren wird in München? Es gebe einige aus dem Landtag, denen die Angst vor dem Verlust des Direktmandats ins Gesicht geschrieben sei, unkt jemand aus dem Vorstand. In der Stadt sei die Gefahr höher als auf dem Land. Allzu sicher sollte Seehofer nicht vor Querschüssen aus München sein. Aber das weiß er ohnehin.

© SZ vom 18.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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