Münchenstift attackiert Hochtief:Unter Opfern

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Gelder, die von Münchenstift an Hochtief gezahlt wurden, wurden offenbar nicht an die Arbeiter weitergegeben.

Bernd Kastner

Eigentlich will die Münchenstift nur ein neues Pflegeheim für 215 alte Menschen bauen. Doch jetzt hat man ein Imageproblem mit der Baustelle in der Agnes-Bernauer-Straße. Dort spürte der Zoll türkische Arbeiter auf, die Hungerlöhne erhielten. Nach dem SZ-Bericht von vergangener Woche hat Münchenstift-Chef Gerd Peter einen geharnischten Brief an die Hochtief Construction AG, den beauftragten Generalunternehmer, geschrieben.

"Hochgradig erläuterungsbedürftig" nennt Peter das Verhalten Hochtiefs. In einem von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegebenen Gutachten steht, dass der Konzern statt der vereinbarten 400 000 bislang nur 165 000 Euro an den Subunternehmer ausbezahlt habe. Dieser begründet damit den Dumpinglohn für seine Arbeiter. Peter wiederum kann die Erklärung Hochtiefs für die einbehaltenen Gelder "nicht nachvollziehen". So sei ihm, dem Bauherrn, von Mängeln in seinem künftigen Pflegeheim "nichts bekannt". "Wir waren daher völlig überrascht, von solchen angeblichen ,Mängeln' aus der Zeitung erfahren zu müssen."

Keine Überwachung möglich

Es dürfte Peter kaum trösten, dass auch auf dem Bau eines anderen öffentlichen Unternehmens jüngst Lohndumping entdeckt wurde: Die GBWAG, Bayerns größter Wohnungseigentümer und in Besitz der Bayerischen Landesbank, baut am Ackermannbogen 103 Sozialwohnungen und einen Kindergarten. Auch dort wurden die Arbeiter, diesmal Bulgaren, zu schlecht entlohnt. Laut GBWAG-Sprecher Thomas Empt hätten die Arbeiter inzwischen ihr Geld zwar erhalten. Es sei aber ein generelles Problem: Als Auftraggeber könne man die Firmen nicht überwachen.

Diese Aussage ist symptomatisch dafür, wie schwer sich öffentliche Bauherren und Behörden mit der Kontrolle ihrer Baustellen tun. Allein das städtische Baureferat vergibt jährlich Aufträge für 700 Millionen Euro. "Es kann nicht Aufgabe des Bauherrn sein, die Buchhaltung seines Auftragnehmers zu kontrollieren", sagt Referatssprecher Jürgen Marek. Man sieht den Generalunternehmer in der Pflicht. Das Baureferat überwache die Bezahlung nicht, dafür fehle das Personal, aber neben dem Zoll tue das ja das Revisionsamt.

"Sehr unbefriedigend"

Stimmt - aber nur theoretisch. Udo Loose, oberster Revisor, bestätigt, dass sein Amt zuständig sei, doch wegen der Personalkürzungen habe der zuständige Mitarbeiter vor gut einem Jahr das Amt verlassen. Seither sei die Bau-Kontrolle "auf ein Minimum" zurückgefahren. "Sehr unbefriedigend" sei es, so Loose, dass in Fällen von Lohndumping alle Beteiligten ihre Verantwortung auf einen anderen schöben.

Gerd Peter bleibt vorerst nur, seinem Ärger Luft zu machen: "Der ganze Sachverhalt und Ihre Einlassungen (...) sind für unser Haus in hohem Maße ruf- und geschäftsschädigend", schreibt er an Hochtief. Er bestehe auf der Aufklärung der Vorwürfe und fordert den Geschäftspartner auf, "unverzüglich dafür zu sorgen", dass die Arbeiter "anständig bezahlt werden". Es sei ein "Gebot des ordentlichen und fairen Umgangs unter Baubeteiligten, sich hier nicht auf Formalismen zu berufen".

Hochtief setzt sich zur Wehr: Man übernehme "im Rahmen unserer gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen die Verantwortung dafür", dass die Arbeiter den Mindestlohn erhielten, so Hochtief-Sprecher Bernd Pütter. Wenn diese ihre Forderungen mit Stundenzetteln belegten, sei Hochtief "gern bereit", ihnen "das Geld schnell und unbürokratisch auszuzahlen". Allein bei jenen Arbeitern habe sich Hochtief noch nicht gemeldet, berichtet deren Anwältin Bettina Ogidan: "Gar keine Reaktion."

© SZ vom 11.5.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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