Olympia 2018: Münchens Chancen:Mit Kati aus der Krise

Das Münchner Bewerbungsteam agierte anfangs recht glücklos. Doch in den vergangenen Wochen ist ein bemerkenswerter Endspurt gelungen - auch dank Katarina Witt. Kurz vor der Vergabe der Spiele gilt München plötzlich als Favorit.

Dominik Hutter

Katarina Witt lächelt. Nach links, nach rechts, in jede Kamera. Scherzt, kokettiert mit ihrem Alter, hält kurz Händchen mit Münchens Oberbürgermeister Christian Ude. Und erzählt in leicht mädchenhaftem Tonfall von den Vorzügen der Münchner Bewerbung, deren "Gesicht" die einstige Eiskunstläuferin abgeben soll.

IOC-Kommission prüft Münchner Olympia-Bewerbung vor Ort

Das Gesicht für Olympia: die ehemalige Eiskunstläuferin Katarina Witt.

(Foto: dapd)

Anschließend macht sich Ude über Ude lustig - wegen seiner teutonischen Interpretation der englischen Aussprache. Gelächter im Publikum. Es wirkt sympathisch, was da auf der Bühne passiert. Viele Journalisten sprechen Witt und Thomas Bach, den Chef des Deutschen Olympischen Sportbunds, mit Vornamen an. Man kennt sich.

Nur kurz später herrscht eine völlig andere Stimmung in dem Londoner Konferenzsaal, in dem die Bewerberstädte ihre Pressekonferenzen abhalten. Der koreanische Sportminister ist gekommen und doziert auf Koreanisch - so ausführlich, dass der Übersetzer kaum nachkommt. Das Pyeongchang-Team auf der Bühne wirkt steif, bürokratisch - das haben die Münchner inzwischen besser im Griff. Die bayerische Bewerbungsgesellschaft, so scheint es, hat nach einem ziemlich holprigen Start endlich zu sich gefunden.

Diese Entwicklung war noch vor wenigen Monaten keineswegs vorgezeichnet. Damals steckte die Gesellschaft, die ihre Büros nahe der Stadtwerkezentrale in Moosach - mit Blick aufs Olympiastadion - hat, in der Krise: der Aufruhr in Garmisch, dem man nur weitere Fettnäpfchen entgegenzusetzen hatte, der öffentlichkeitswirksam inszenierte Rückzug diverser Umweltinitiativen, das Anti-Olympia-Votum auf dem grünen Bundesparteitag in Freiburg, das zum Ausscheiden der grünen Bundesvorsitzenden Claudia Roth aus dem Olympia-Kuratorium sowie zu einem handfesten Streit im Münchner Parteiverband führte.

Dazu der ungeschickt agierende und schließlich von der Fahne gegangene Bewerbungschef Willy Bogner, dessen Ernennung wegen seiner Kontakte in internationale Sportkreise einst als Coup gefeiert worden war.

Dabei lief gerade die Besetzung der obersten Ebene von Anfang an nicht rund. Der allseitige Wunschkandidat Wilfried Spronk, der frühere Chef des Olympiaparks, schied schon 2009 aus gesundheitlichen Gründen aus. Der Tourismusexperte Richard Adam, der einst mit Spronk eine Doppelspitze gebildet hatte und sich im späteren Chef-Trio mit Willy Bogner und Bernhard Schwank untergebuttert fühlte, trat im März 2010 nach langen Querelen frustriert zurück.

Aus dem Dreikampf wird ein Zweikampf

Ihm folgte, nur ein halbes Jahr später, Bogner, der mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte. Und sich in seiner Amtszeit diverse Patzer geleistet hatte: Auf dem schwierigen Garmischer Terrain fiel er mit undiplomatischen Sprüchen auf, bei öffentlichen Veranstaltungen wirkte er oft fahrig und unwillig. Den Eindruck ständiger Querelen verstärkte das Bekanntwerden einer Rücktrittsdrohung Bogners, der mit diesem Mittel bei den Gesellschaftern der Bewerbung mehr Geld herausschlagen wollte.

Das gelang ihm auch. Um drei auf 33 Millionen Euro stieg der Olympia-Etat - Geld, das letztlich aus öffentlichen Kassen beigesteuert werden muss, da die Beiträge der Sponsoren zusammengerechnet nur 26,5 Millionen ergeben. Bogner ist noch heute auf einem Werbeplakat an der Moosacher Olympia-Zentrale zu sehen: Er betankt lächelnd ein stromgetriebenes Auto. Es wirkt wie ein Bild aus einer anderen Zeit.

Wer immer blieb, als ruhender Pol sozusagen, ist Bernhard Schwank. Der einstige DOSB-Mann gilt als effektiv und fleißig, bei ihm laufen alle Fäden zusammen. Nur: Schwank ist freundlich, sachlich, aber eben nicht einer, der gerne das charismatische Aushängeschild mimt. Es kann passieren, dass nach Pressekonferenzen alle Olympia-Aktivisten mit Interview-Anfragen bestürmt werden, während Schwank alleine dasteht. Dabei ist er der ranghöchste Mann der Bewerbungsgesellschaft, keiner kennt Daten und Fakten besser als er.

Witt ist zumeist umringt von Journalisten, und was sie zum Thema zu sagen hat, kommt inzwischen wesentlich sachkundiger und flotter herüber als in ihrer Anfangsphase. Auch Witt musste eben ihren Job als "Gesicht" erst lernen. An der im Vergleich zur Konkurrenz einnehmenden Ausstrahlung des Münchner Präsentationsteams hat sie zweifellos großen Anteil.

Die Idee für eine Münchner Bewerbung entstand 1988 in lockerer Runde bei den Olympischen Winterspielen im kanadischen Calgary. Damals waren auch ein Vorstoß für die Spiele 2014 und der Bau eines Olympischen Dorfes nahe des Lerchenauer Sees im Gespräch. Aber erst 2007 wurde es konkret - der DOSB benannte München gemeinsam mit Garmisch-Partenkirchen und Königssee offiziell als Kandidat für 2018. Das erste Bewerbungsdokument, das sogenannte Mini-Bid-Book wurde im März 2010 eingereicht, im Juni verkündete das IOC die offizielle Anerkennung als Kandidat.

Das komplette Bewerbungsdokument, das Bid Book, war dann 500 Seiten stark - Katarina Witt und Bernhard Schwank brachten es im Januar dieses Jahres persönlich beim IOC-Hauptquartier in Lausanne vorbei. Zu diesem Zeitpunkt war es längst klar, dass wohl alles auf einen Wettlauf zwischen München und dem bereits zum dritten Mal antretenden Pyeongchang hinauslaufen würde. Annecy fiel schon früh die Außenseiterrolle zu - zu weit auseinander liegen die Wettkampfstätten.

Kandahar, Olympiastadion, Königssee, Schwaiganger: Im Frühjahr 2011 nahm eine Evaluierungskommission die Münchner Bewerbung vor Ort genau unter die Lupe - wie zuvor schon die Sportstätten in Annecy und Pyeongchang. Der Bericht fiel, wenig überraschend, für alle drei Bewerber positiv aus. Die Nuancen sind vor allem zwischen den Zeilen zu finden. Es folgten wichtige Präsentationen des Bewerbungs-Teams in London, Lausanne und Lomé in Togo.

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