München/Neubiberg:Schlaue Lösungen fürs Leben

Neubiberg, Andrea Heinecke veranstaltet Spieleworkshops für hochbegabte Kinder

Spiele wie diese, die bei Andrea Heinecke ganze Regale füllen, gestalten hochbegabte Kinder bei ihren Workshops.

(Foto: Angelika Bardehle)

Andrea Heinecke lässt hochbegabte Jugendliche komplexe Spiele entwickeln

Von Daniela Bode, München/Neubiberg

Dass Spiele für Andrea Heinecke ein großes Thema sind, sieht man sofort. In ihrem Wohnzimmer fällt als erstes ein Regal auf, das von oben bis unten mit strategischen Brettspielen wie "Junta" gefüllt ist. "Mein Mann und ich spielen selbst sehr viel, und das haben wir den Kindern mit in die Wiege gelegt", sagt die Neubibergerin. Doch längst geht es ihr nicht mehr nur darum, selbst zu spielen. Heinecke organisiert seit ein paar Jahren Spieletreffs für hochbegabte Kinder und Workshops, bei denen clevere Jugendliche Spiele selbst entwickeln können. Es geht darum, gesellschaftspolitische Themen in einem Spielkonzept umzusetzen. Das nächste Projekt findet im Juli statt, das Thema lautet "Fremde Kulturen".

Schon in der Schweiz, wo die Familie bis 2008 lebte, ging Heinecke mit ihrem Sohn zu Spieletreffs. Er gilt als hochbegabt. Als die Familie zurückkehrte, wollte die Neubibergerin eine eigene Gruppe organisieren. Und stieß auf das Bayerische Spiele-Archiv Haar. Seit Anfang 2010 bietet sie dort einmal im Monat einen Brettspielnachmittag für Kinder und Jugendliche an. Von 2011 an organisierte sie Workshops mit Spiele-Autoren, in denen Kinder an neuen Spielen tüfteln konnten. Das gefiel Heinecke so gut, dass sie es auch beruflich machen wollte. An der Hochschule München fand sie schließlich den Studiengang "Management sozialer Innovationen", bei dem Lösungen für gesellschaftliche Entwicklungen gesucht werden. "Ich bin überzeugt davon, dass Spielen dabei in Zukunft eine größere Rolle spielen wird", sagt Heinecke.

Einen Schritt in diese Richtung geht sie nun mit ihren Workshops, bei denen ein gesellschaftliches Thema in einem Spiel umgesetzt werden soll. Die Idee dazu ist schrittweise gewachsen. Einen Anstoß gab ein Computerspiel, das Heinecke im Studium entwickelt hat. Inspiriert habe sie auch ein Vortrag einer Gamedesignerin im Internet. Die hatte erklärt, dass Spiele einmal die Welt retten würden, und gefragt, worin "Gamer" eigentlich gut seien. Die Neubibergerin entwickelte bei einem Workshop selbst ein Spiel zum Thema Fair Trade und fasste den Plan, das auch mit Jugendlichen umzusetzen.

Das Interesse an ihrem ersten Gamedesign-Workshop war groß. Neun Jugendliche tüftelten fünf Tage lang an einem Spiel zum Thema Datenklau. "Der gläserne Mensch" hieß die Veranstaltung. In ihrem neuen Workshop, der von 20. bis 24. Juli an der Akademie für Politische Bildung in Tutzing stattfindet, soll es um "fremde Kulturen" gehen. Bis zu 20 besonders begabte Jugendliche zwischen 16 und 19 Jahren sollen in Gruppen Spielkonzepte zum Thema entwickeln. Ob am Ende ein Brett-, ein Computerspiel oder eine hybride Form entsteht, wird sich weisen.

Das Feinkonzept steht noch nicht, wird aber ohnehin immer wieder angepasst. Beim ersten Workshop etwa hatten sich zwei Teilnehmer einen komplexen Mechanismus überlegt, wollten sich aber nicht mit dem Inhalt auseinandersetzen. "Da mussten wir sie dazu bringen, sich mit Datenschutz zu beschäftigen", erzählt Heinecke. Sie sahen sich einen Dokumentarfilm an - und schließlich waren die zwei Jungen bereit für die Recherche. Neben Heinecke als Leiterin wird wie beim vorigen Projekt Spieleautor Marco Teubner den Kurs leiten. Beim Workshop sollen die Teilnehmern ein Verständnis fürs Anderssein vermitteln, aber auch die eigenen Stärken erkennen. Der Kurs wird bundesweit ausgeschrieben. Wer teilnehmen will, muss sich mit einem Motivationsschreiben bewerben. Informationen gibt es unter www.schlaue-spiele.de.

Heinecke freut sich, dass sie mit der Akademie für Politischen Bildung in Tutzing, dem Spieleverlag Hans im Glück, der Thomas-Dehler-Stiftung und der Friedrich-Naumann-Stiftung "Für die Freiheit" bereits Kooperationspartner gewinnen konnte. Mit weiteren Spieleverlagen ist sie im Gespräch. Das Interesse bestätigt ihre Arbeit. "Ich scheine einen Nerv getroffen zu haben", sagt sie über ihre außergewöhnliche Idee. "Es gibt überall Spieletreffs, aber nicht mit diesem ganzheitlichen Ansatz."

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