Tollwood: "Escarlata Circus":Katalanischer Eintopf

Nach Kochshows im Fernsehen, nun also eine Kochshow auf der Bühne: Das Duo "Escarlata Circus" spielt auf dem Tollwood mit Gemüse.

Diese Spanier! Mit das einzige Wort, das sie auf Deutsch können, ist ein umstandsloses "Raus!" Und als die Zuschauer das winzige Zelt auf dem Tollwood-Theaterplatz verlassen haben, lautet Jordi Aspas schulterzuckender Kommentar zur real existierenden Sprachbarriere: "Ich kanne nicht Deutschland!"

Temporada Alta. Imat

Geht dem Gemüse auf den Grund: "Escarlata Circus"

(Foto: bildextern)

"Deutschland" also, und: "Raus!" Nur einen Tag nach der Niederlage im WM-Finale gegen die Fußballer von der Iberischen Halbinsel klingt das schon bitter in deutschen Ohren. Und dem voluminösen Mann aus Barcelona, der ebenso putzig mit seinen kurzsichtigen Augen blinkern wie böse mit der Axt drohen kann, ist hier Vorsatz durchaus zuzutrauen. Denn auch in der Koch- oder besser Gemüse-Show "Devoris Causa", mit der Escarlata Circus derzeit bei Tollwood gastiert, versteckt sich Bosheit gerne hinter netten Gesten und Nettes hinter fast schon beängstigender Strenge.

Streng ist vor allem Bet Miraltas Frisur: Sauberst gescheitelt und von einer Unmenge Spangen gouvernantig an den Kopf getackert, spricht sie eine starke Sprache, die die kleine Frau zu einer Respektsperson formt. Vom geblümten Kostümchen bis zur letzten Laufmasche ist sie aber auch ein in die Enge getriebener Charakter - und wie das angerostete Interieur des knapp 50 Zuschauer fassenden Zeltes aus einer anderen Zeit. Was aber tun die beiden Katalanen, die seit 23 Jahren ein Zirkus-Duo sind, genau?

Sie verteilen gekochtes Gemüse in Papiertüten ans Publikum, haben ein überaus wachsames Auge auf die Anzahl der zurückwandernden Löffel, werfen Messer an die bebende Rückwand ihrer Küchenkulisse, geben minimalistische Ritter- und Stierkampfeinlagen und bauen ein Wirsingpüppchen mit Zucchini-Möhren-Auberginen-Beinen und Zwiebelkopf, das Miralta wie eine Puppenspielerin führt.

Nur wenige Gesten klären schnell rasch wechselnde Situationen. Das beherrscht vor allem Aspa, der als Ex-Clown sein großes bewegliches Gesicht so eng machen kann, dass er wie ein Vogel aussieht. Und der seinen respektablen Bauch dazu bringt, durchaus elegante Wellen zu schlagen.

Nicht immer stimmt das Timing an diesem kleinen, verhalten lustigen Abend. Doch das Leitmotiv des Verzehrens wird phantasievoll durchdekliniert: Wie sprunghaft der Mensch ist, wenn es um seine Nahrung geht! Die wird großzügig verteilt, liebevoll angeschaut, berserkerhaft zerhackt oder so gefühlvoll geschnitten, als gleite das Messer über Saiten. Mal schaut dabei der Jäger aus dem sammelnden Einkäufer von heute heraus. Und mal der Kulturmensch aus dem vor Hunger Wilden. Sabine Leucht

Wieder am 10. und 12. Juli um 18 und 20 Uhr 30, am 11. Juli um 15 und 18 Uhr.

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